Das Wichtigste in Kürze:
● Cushing – eine häufige Hormonkrankheit: Etwa 1 von 600 Hunden ist betroffen. Ursache sind meist Tumoren an Hypophyse oder Nebenniere – oder eine Langzeitbehandlung mit Glukokortikoiden.
● Typische Symptome des Cushing-Syndroms sind: Viel Trinken, Hecheln, Hängebauch, Hautprobleme. Unbehandelt verschlechtert sich der Zustand stetig – eine frühzeitige Diagnose ist entscheidend.
● Eine Behandlung ist oft möglich: Je nach Ursache gibt es verschiedene Optionen: Medikamente (Trilostan), Operation oder Strahlentherapie. Viele Hunde leben mit Therapie noch mehrere Jahre gut.
Was ist das Cushing-Syndrom bei Hunden?
Als Cushing oder Cushing-Syndrom wird beim Hund eine endokrine Funktionsstörung bezeichnet. Die Erkrankung beruht auf den Auswirkungen eines überhöhten Glukokortikoid-Spiegels auf verschiedene Organsysteme.
Glukokortikoide sind Steroidhormone, die im Körper in der Rinde der Nebenniere produziert werden (Cortisol, Cortison). Synthetisch hergestellte Glukokortikoide werden aber auch zu therapeutischen Zwecken, zum Beispiel entzündungshemmend, eingesetzt (z. B. Dexamethason oder Prednisolon).
Das Cushing-Syndrom ist nach dem amerikanischen Neurochirurgen Harvey Williams Cushing benannt, der die Erkrankung Anfang des 20. Jahrhunderts erstmals beschrieb. Die Ursache liegt in einer übermäßigen Produktion des Hormons Cortisol, das im Körper eine zentrale Rolle spielt. Cortisol ist an zahlreichen physiologischen Prozessen beteiligt: Es erhöht den Blutzuckerspiegel, reguliert den Fettstoffwechsel, beeinflusst den Blutdruck und wirkt entzündungshemmend. Da es bei körperlichem oder psychischem Stress vermehrt ausgeschüttet wird, ist es auch als „Stresshormon“ bekannt.
Produziert wird Cortisol in der Rinde der Nebenniere. Die Steuerung dieser Hormonproduktion erfolgt über ein Signalsystem im Gehirn: Der Hypothalamus gibt Impulse an die Hirnanhangdrüse (Hypophyse), die daraufhin das Hormon ACTH (adrenocorticotropes Hormon) ausschüttet. ACTH regt die Nebennieren zur Cortisolbildung an. Gerät dieses Regelwerk aus dem Gleichgewicht, kann es zur krankhaften Überproduktion kommen – wie beim Cushing-Syndrom.
Ursachen für die überhöhte Cortisol-Produktion
Die Glukokortikoid-Produktion der Nebennierenrinde unterliegt einem Regulationsmechanismus: Der Hypothalamus (ein Teil des Zwischenhirns) und die Hypophyse (Hirnanhangdrüse) steuern die Ausschüttung von Cortisol über die Hormone CRH (Corticotropin-Releasing-Hormon) und ACTH (Adrenocortikotropes Hormon).
Tumoren als Ursache
Über 80 % der Cushing-Fälle beim Hund basieren auf einem gutartigen Hypophysen-Tumor oder einer Hypophysen-Hyperplasie mit unkontrollierter ACTH-Produktion. Das ACTH wirkt auf die Nebennierenrinde und die Zellen bilden kontinuierlich Cortisol, das in den Körperkreislauf gelangt. Durch die ungehemmte Produktion vergrößern sich die Nebennieren auf beiden Körperseiten, was als diagnostisches Kriterium herangezogen werden kann.
Etwa 20 % der caninen Cushing-Fälle beruhen jedoch nicht auf einem Hypophysen-Tumor, sondern auf einem gut- oder bösartigen Tumor an der Nebenniere. Dieser kann ein- oder beidseitig auftreten.
Cushing-Syndrom durch Glukokortikoid-Therapie
Ein Cushing-Syndrom entsteht auch, wenn Hunde über einen längeren Zeitraum mit hohen Dosen an Glukokortikoiden behandelt werden. Der Effekt auf die Organe ist ähnlich dem, der durch eine überhöhte körpereigene Cortisol-Produktion verursacht wird. Allerdings wird durch die Zuführung synthetischer Glukokortikoide die CRH-ACTH-Regulation und die Nebennieren-Cortisol-Produktion unterdrückt.
Welche Hunde sind betroffen?
Ein spontaner Hyperadrenokortizismus wird meist bei mittelalten oder älteren Hunden diagnostiziert. In seltenen Fällen können auch jüngere Tiere betroffen sein. Weibliche Tiere scheinen häufiger an Nebennierentumoren zu erkranken als männliche.
Zu den Rassen, die oft mit der Erkrankung vorstellig werden, gehören Pudel und Dackel, aber auch Schäferhunde, Beagle, Boxer oder Terrier.
Ein iatrogenes Cushing-Syndrom kann jeden Hund treffen, der über längere Zeit synthetische Glukokortikoide erhält. Eine Therapie mit Glukokortikoiden erfolgt zum Beispiel bei entzündlichen Erkrankungen, Allergien oder Autoimmunkrankheiten.
Tipp von Santévet: Tiere unter einer Glukokortikoid-Therapie sollten immer gut auf Nebenwirkungen überwacht werden.
Wir haben die wichtigsten Informationen für Sie zusammengefasst:
Häufigkeit |
Ca. 1 von 600 Hunden (0,17 %) |
Neuerkrankungen pro Jahr |
Ca. 6 von 10.000 Hunden (0,06 %) |
Besonders gefährdete Rassen |
Bichon Frisé, Border Terrier, Zwergschnauzer |
Risikofaktoren |
Alter, Übergewicht |
Laut einer britischen Studie sind auch Bichon Frisé, Border Terrier, Zwergschnauzer, Lhasa Apso, Yorkshire Terrier, Staffordshire Bullterrier und Jack Russell Terrier überdurchschnittlich oft betroffen. Golden Retriever, Labrador Retriever, Border Collies und Cocker Spaniel zeigten hingegen ein deutlich geringeres Risiko. Auch das Körpergewicht spielt eine Rolle: Hunde mit überdurchschnittlichem Gewicht haben ein rund 1,4-fach erhöhtes Risiko. Versicherte Hunde wurden häufiger diagnostiziert – wahrscheinlich, weil häufiger Untersuchungen durchgeführt werden können.
Die Wahrscheinlichkeit für Cushing steigt deutlich mit dem Alter: Hunde ab 9 Jahren haben das höchste Risiko. Ein Zusammenhang wurde auch zwischen chronischen Vorerkrankungen und der Diagnose Cushing festgestellt – insbesondere bei Vierbeinern mit wiederkehrenden Hautproblemen oder Harnwegsinfektionen. Besonders häufig betroffen von einer Diagnose sind Hunde mit einer durchschnittlichen Lebenserwartung von über 12 Jahren – Cushing scheint eine typische Erkrankung von langlebigen, kleinen Hunderassen zu sein. Zudem besteht der Verdacht, dass genetische Prädispositionen in bestimmten Zuchtlinien eine Rolle spielen – was weitere Forschung notwendig macht.
Symptome: Wie macht sich das Cushing-Syndrom bemerkbar?
Glukokortikoide nehmen Einfluss auf zahlreiche Organsysteme. Daher kann das klinische Bild bei Hunden variieren. Auch der Schweregrad der Erkrankung ist von Tier zu Tier unterschiedlich. Manche Hunde zeigen ausgeprägte Symptome, andere sind nur milde betroffen. Bleibt die Erkrankung jedoch unbehandelt, verläuft sie fortschreitend und verschlimmert sich mit der Zeit.
Häufige Symptome sind:
- vermehrtes Trinken und erhöhte Urinproduktion
- gesteigerter Appetit
- starkes Hecheln
- vergrößerter Bauchumfang oder Hängebauch
- Muskelschwäche und Zittern (Muskelatrophie)
- Haarverlust
- Hautveränderungen (verstärkte Pigmentierung oder Kalziumeinlagerungen)
- Hodenatrophie oder Ausbleiben der Läufigkeit
- neurologische Auffälligkeiten (z. B. Verhaltensänderung oder Störung des Gangbildes)
Durch das Cushing-Syndrom kann es zu einer Insulinresistenz kommen. Etwa zehn Prozent der Hunde entwickeln als Komplikation einen Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit). Bei einer Laboruntersuchung können erhöhte Blutzuckerwerte auffallen. Bei einem Großteil der Cushing-Hunde sind auch bestimmte Leberwerte erhöht sowie das Cholesterin.
Einige Veränderungen wie ein vergrößerter Bauch oder tastbare Knoten können auch gutartige Fettgeschwülste sein. Mehr dazu: Lipom beim Hund – Symptome und Behandlung.
Diagnose und Therapie: Was tun bei Verdacht auf Morbus Cushing?
Zeigt der Hund Symptome, die auf ein Morbus Cushing-Syndrom hindeuten, sollte er von einem Tierarzt oder in einer Tierklinik untersucht werden. Die Diagnose erfolgt aus einer Kombination von klinischer Untersuchung, Labordiagnostik und bildgebenden Verfahren.
Das Ziel ist nicht nur, den Hyperadrenokortizismus nachzuweisen, sondern auch zu klären, welche Form vorliegt. Verschiedene Therapieoptionen existieren, je nachdem, ob es sich um einen Hypophysentumor, einen Nebennierentumor oder ein iatrogenes Cushing-Syndrom handelt.
„Cushing ist zwar nicht heilbar, aber gut behandelbar – mit der richtigen Therapie kann Ihr Hund wieder Lebensqualität gewinnen.“ – Tierklinik Sattledt
Wichtige Tests sind unter anderem der ACTH-Stimulationstest und der Low-Dose-Dexamethason-Suppressionstest. Beide helfen, den Hyperadrenokortizismus zu bestätigen und die Form der Erkrankung einzugrenzen.
Zur Differenzierung zwischen Hypophysen- und Nebennierentumor kann eine Ultraschalluntersuchung der Nebennieren durchgeführt werden. Bei Verdacht auf einen Hypophysentumor kommen CT oder MRT zum Einsatz – insbesondere dann, wenn neurologische Symptome wie Verhaltensänderungen oder Sehstörungen auftreten.
Die Studie von Schofield et al. zeigt, dass viele Hunde erst nach längerer Symptomdauer diagnostiziert werden – oft, weil die frühen Anzeichen wie vermehrter Durst oder Appetit fälschlich als altersbedingt angesehen werden. Eine erhöhte Aufmerksamkeit von Halter:innen und Tierärzt:innen kann helfen, die Erkrankung früher zu erkennen.
Die Wahl der Therapie richtet sich nach der Ursache, aber auch nach Alter, Allgemeinzustand und Lebensqualität des Hundes. Während bei Hypophysentumoren meist eine lebenslange medikamentöse Behandlung erfolgt, kann bei Nebennierentumoren eventuell eine Operation erwogen werden. Die Strahlentherapie bleibt spezialisierten Fällen vorbehalten.
Behandlungsoptionen bei Cushing
Ist das Cushing-Syndrom durch die Zufuhr von synthetischen Glukokortikoiden entstanden, sollte eine Dosisreduktion oder eine alternative Therapie versucht werden.
Nicht immer kann komplett auf Glukokortikoide verzichtet werden. In manchen Fällen lässt sich aber durch eine Kombination von Medikamenten eine Dosissenkung erreichen, mit der die Cushing-Symptome nachlassen.
Achtung:
Glukokortikoide dürfen nicht einfach abgesetzt werden, da das für den Vierbeiner lebensbedrohlich sein kann. Sie müssen langsam ausgeschlichen werden. Das bedeutet, die Dosis wird nach und nach reduziert.
Durch die Glukokortikoid-Gabe wird die körpereigene Cortisol-Produktion unterdrückt. Die Nebennierenrinde benötigt Zeit, um diese wieder in Gang zu bringen.
Die Behandlung des Cushing-Syndroms beim Hund richtet sich nach der Ursache der Erkrankung – insbesondere danach, ob ein Tumor in der Hypophyse oder in der Nebenniere vorliegt. Je nach Befund kommen drei Therapieformen infrage: medikamentös, chirurgisch oder mittels Bestrahlung. Viele Cushing-Hunde profitieren zusätzlich in bestimmten Krankheitsphasen von leicht verdaulichem Futter. Dies sollte immer mit dem behandelnden Tierarzt oder der behandelnden Tierärztin abgesprochen werden. Tipps dazu gibt es im Artikel über Schonkost für Hunde.
1. Medikamentöse Behandlung
In den meisten Fällen erfolgt die Therapie medikamentös, insbesondere wenn ein Hypophysentumor vorliegt. Das Mittel der Wahl ist der Wirkstoff Trilostan (z. B. Vetoryl®). Es hemmt ein Enzym in der Nebennierenrinde, das für die Bildung von Cortisol notwendig ist. Die Gabe erfolgt in der Regel ein- bis zweimal täglich oral, und die meisten Hunde benötigen eine lebenslange Behandlung.
Die Wirkung tritt meist innerhalb weniger Tage ein. Erste Verbesserungen wie ein Rückgang des vermehrten Trinkens oder ein gesteigertes Aktivitätsniveau sind häufig bereits innerhalb der ersten Woche zu beobachten. Die richtige Dosierung ist entscheidend, weshalb regelmäßig ACTH-Stimulationstests zur Therapiekontrolle durchgeführt werden – üblicherweise 10–14 Tage nach Therapiebeginn, danach alle 1 bis 3 Monate.
In Einzelfällen, wenn Trilostan nicht ausreichend wirkt oder nicht vertragen wird, kann Mitotan eingesetzt werden – ein zytotoxisches Mittel, das gezielt die Hormon-produzierenden Zellen in der Nebennierenrinde zerstört. Aufgrund seiner Risiken wird es aber deutlich seltener verwendet.
2. Chirurgische Entfernung
Ist ein einseitiger Tumor der Nebenniere die Ursache und liegen keine Metastasen vor, kann dieser operativ entfernt werden. Dieser Eingriff ist anspruchsvoll und sollte nur von erfahrenen Chirurgen in spezialisierten Kliniken durchgeführt werden. Die Operation kann in bestimmten Fällen zu einer dauerhaften Heilung führen.
Allerdings sind mögliche Komplikationen zu beachten – etwa Blutungen, Infektionen oder eine postoperative Nebennierenrinden-Insuffizienz, bei der der Hund dauerhaft Hormone ersetzt bekommen muss.
3. Strahlentherapie
Bei Hypophysentumoren, die neurologische Symptome verursachen oder sehr groß sind, kommt zusätzlich oder alternativ eine Strahlentherapie infrage. Ziel ist es, das Tumorwachstum zu bremsen und Druck auf das umliegende Gewebe zu reduzieren. Die Therapie besteht aus mehreren Sitzungen, die unter Narkose durchgeführt werden müssen.
Diese Methode ist kostenintensiv und wird nur in wenigen spezialisierten Tierkliniken angeboten. Sie kann jedoch bei gutem Ansprechen die Symptome über längere Zeit stabilisieren und die Lebensqualität deutlich verbessern.
Die Kosten für medizinische Behandlungen Ihres Vierbeiners können Sie sich einfach mit der Tierkrankenversicherung für Hunde von Santévet zurückerstatten lassen.
Lebenserwartung: Wie lange kann ein Hund mit Cushing leben?
Wie lange ein Hund mit Cushing überleben kann, hängt auch von seinem Alter und weiteren Erkrankungen ab. Im Endstadium einer Morbus Cushing-Erkrankung kommt es häufig zu Komplikationen. Dies können Harnwegs- und Hautinfektionen sein oder Bauchspeicheldrüsenentzündungen, die mit Schmerzen verbunden sind. Da Cushing das Immunsystem schwächen kann, sind betroffene Hunde anfälliger für Entzündungen – etwa eine Analdrüsenentzündung. Das Herz-Kreislaufsystem kann stark betroffen sein, sowie die Leber und Nieren. Thrombosen sind eine häufige Todesursache bei Cushing-Hunden.
Hunde mit Morbus Cushing sollten daher möglichst frühzeitig eine Therapie erhalten, um die Lebenserwartung zu verbessern. Ein unbehandelter Hyperadrenokortizismus hat eine schlechte Prognose. Bei einer medikamentösen Therapie eines gutartigen Hypophysentumors liegt die Überlebenszeit der Hunde dagegen zwischen zwei und vier Jahren.
Eine gute Prognose haben auch Hunde mit Nebennierenrindentumoren, wenn sie sich vollständig entfernen lassen. Etwa 50 % der Nebennierenrindentumore sind jedoch bösartig, brechen in Gefäße ein und metastasieren, was die Prognose verschlechtert.
Hat ein Hund mit Cushing Schmerzen?
Das Cushing-Syndrom beim Hund wird in der Regel nicht als schmerzhaft für den Hund angesehen. Dennoch können einige der damit verbundenen Symptome Schmerzen oder Unannehmlichkeiten verursachen. Es ist wichtig, auf die individuellen Situationen des Hundes einzugehen und bei Schmerzen oder Symptomen, die dem Hund Leid bereiten, tierärztliche Unterstützung in Form von geeigneten Behandlungen zu suchen.
Cushing führt vor allem zu hormonellen Veränderungen, die zwar belastend, aber nicht direkt schmerzhaft sind. Beschwerden wie Hautprobleme, Muskelschwäche oder Verdauungsstörungen können jedoch Unbehagen verursachen. Es können Begleiterscheinungen wie Harnwegsinfektionen, Gelenkbeschwerden oder Hautentzündungen auftreten – diese können je nach Schweregrad Schmerzen auslösen.
Studien zeigen außerdem, dass viele Hunde erst spät diagnostiziert werden, wenn bereits mehrere Organsysteme betroffen sind. In solchen Fällen können Folgekrankheiten wie Diabetes oder Pankreatitis mit Schmerzen einhergehen.
Deshalb ist eine individuelle Einschätzung durch die Tierärztin oder den Tierarzt entscheidend, um mögliche Schmerzquellen früh zu erkennen und gezielt zu behandeln.
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Quellen:
https://www.tierklinik-sattledt.at/glossary/hyperadrenokortizismus/