Ursachen für Ataxie beim Hund und ihre Auswirkungen auf Ihr Tier

Das Wichtigste in Kürze:●      Ataxie ist ein Symptom, das durch gestörte Nervenleitungen im Gehirn, Rückenmark oder Gleichgewichtssystem entsteht und zu Koordinationsproblemen führt.●      Genetisch bedingte Ataxien treten meist bei jungen Hunden bestimmter Rassen auf und sind nicht heilbar.●      Erworbene Ataxien können durch Verletzungen, Infektionen, Tumoren oder altersbedingte Störungen verursacht werden und sind teils behandelbar.

Was löst eine Ataxie bei Hunden aus?

Ataxie ist keine Krankheit im engeren Sinn, sondern ein Symptom neurologischer Störungen. Sie entsteht, wenn Nervensignale nicht mehr korrekt verarbeitet oder weitergeleitet werden – dadurch verliert der Hund die Kontrolle über seine Bewegungen. Die Ursachen hängen stark von der betroffenen Struktur im Nervensystem ab. Hier sind die häufigsten Auslöser nach Ataxieform geordnet:

Hereditäre Ataxie

Die hereditäre Ataxie ist keine eigene Form, sondern eine Ursachenkategorie: Sie beschreibt Ataxien, die durch genetische Defekte entstehen. Je nachdem, welche Struktur im Nervensystem betroffen ist – das Rückenmark, das Kleinhirn oder das Gleichgewichtssystem – kann die Ataxie sensorisch, zerebellär oder vestibulär ausgeprägt sein.

In den meisten Fällen wird die Erkrankung autosomal-rezessiv vererbt, was bedeutet: Beide Elterntiere müssen Träger des defekten Gens sein, damit die Krankheit beim Nachwuchs ausbricht. Viele dieser genetischen Störungen zeigen sich bereits im jungen Alter – häufig schon bei Welpen oder Junghunden. Für die Zucht bedeutet das: Tiere mit bekannter Trägerschaft sollten nicht miteinander verpaart werden, um das Risiko für betroffene Nachkommen zu vermeiden.

Zerebrale Ataxie

Die zerebrale Ataxie ist in der Regel angeboren und betrifft das zentrale Nervensystem, insbesondere das Kleinhirn (Cerebellum), gelegentlich auch das Großhirn. Sie tritt gehäuft bei bestimmten Rassen auf – darunter:

●      Fox Terrier

●      Parson Russell Terrier

●      Jack Russell Terrier

Bei diesen Hunden kommt es zu einer degenerativen Veränderung im Kleinhirn, meist aufgrund eines genetischen Defekts. Die Hunde zeigen von klein auf auffällige Bewegungsmuster wie übertriebene Bewegungen, Gleichgewichtsstörungen und „Zielungenauigkeit“ beim Springen oder Greifen.

Zerebelläre (kleinhirnbedingte) Ataxie

Diese Form betrifft das Kleinhirn direkt und führt zu unkoordinierten, überzogenen Bewegungen. Die Ursachen reichen von angeborenen Entwicklungsstörungen bis hin zu Infektionen oder Entzündungen.

Häufige Auslöser:

●      Zerebelläre Hypoplasie (unterentwickeltes Kleinhirn)

●      Infektionen (z. B. Parvovirose bei Welpen)

●      Autoimmunerkrankungen

●      Toxine (z. B. Metronidazol-Überdosierung)

Sensorische Ataxie

Diese Form entsteht durch eine Störung der Tiefensensibilität – meist im Rückenmark oder in den peripheren Nerven. Die Nervenleitung vom Körper zum Gehirn ist gestört, sodass der Hund nicht mehr richtig wahrnimmt, wo seine Beine sind.

Ursachen:

●      Bandscheibenvorfall (Diskopathie)

●      Rückenmarksentzündungen (z. B. Myelitis)

●      Traumata (Unfälle, Stürze)

●      Tumoren im Wirbelkanal

●      Degenerative Erkrankungen wie die degenerative Myelopathie

Wobbler-Syndrom (auch Spinale Ataxie)

Das Wobbler-Syndrom kann der Auslöser für eine sensorische Ataxie sein. Es ist wichtig zu beachten, dass die Ataxie nur ein Symptom der eigentlichen Krankheit ist. Die Begriffe spinale Ataxie und sensorische Ataxie werden häufig synonym verwendet. In der Praxis überschneiden sich die beiden Begriffe oft, weil sensorische Ataxien sehr häufig durch spinale Ursachen entstehen.

Für das Wobbler-Syndrom gibt es mehrere Ursachen, die nicht alle erblich bedingt sind. Darum ist eine Einordnung als hereditäre Ataxie häufig nicht korrekt:

●      Erkrankung der Bandscheiben, vor allem bei älteren Hunden

●      Angeborene Veränderungen der Wirbelsäule

●      Abszesse oder andere Gewebezubildungen nahe der Wirbelsäule

●      Zu schnelles Wachstum des Hundes

Falsche Ernährung kann eine Ataxie fördern.

Expertenmeinung zu den Risikogruppen: Vor allem große, männliche Hunde mit langem Hals sind betroffen, z. B.:

●      Deutsche Dogge

●      Dobermann

●      Weimaraner

●      Rhodesian Ridgeback

●      Barsoi

Schon gewusst? Der Name Wobbler-Syndrom leitet sich aus dem Englischen ab. To wobble bedeutet übersetzt wackeln. Aufgrund des wackligen, unsicheren Gangs etablierte sich dieser Name.

Vestibuläre Ataxie

Hier liegt die Ursache im Gleichgewichtssystem, entweder im Innenohr oder im Hirnstamm. Besonders häufig tritt diese Form bei älteren Hunden plötzlich auf – das sogenannte geriatrische Vestibularsyndrom ..

Es gibt verschiedene Ursachen:

●      Entzündungen oder Verletzungen des Innenohrs

●      Tumoren im Hirnstamm

●      Schlaganfälle

●      Idiopathisch (ohne erkennbare Ursache – bei alten Hunden häufig)

Was sind Symptome bei Hunden mit Ataxie?

Die Erkrankung zeigt sich durch unkontrollierte sowie unkoordinierte Bewegungen. Betroffene Hunde schwanken, haben abgehackte Bewegungen und die Schrittfolge ist nicht gleichmäßig. Mal ist ein Schritt überschießend schnell, mal ist einer sehr langsam. Dabei können sie auch stolpern oder zur Seite fallen.

Am ehesten lässt sich der wacklige Gang vergleichen mit einem Tier, das gerade aus einer Narkose erwacht. Stark betroffene Hunde haben auch Schwierigkeiten zu stehen. Sie schwanken und stehen deutlich breitbeinig. Der Kopf wird hängen gelassen, da ein Anheben zum einen schmerzhaft ist und zum anderen den Hund aus dem Gleichgewicht bringen kann. Auch das Aufstehen kann betroffenen Hunden Probleme machen, sie fallen wiederholt auf die Seite, bis sie zum Stehen kommen.

Bei vielen Hunden entstehen die Symptome langsam, etwa ein leichtes humpeln , nur bei wenigen kann man ein plötzliches Auftreten beobachten. Letzteres ist ein Notfall und der Hund sollte sofort dem Tierarzt vorgestellt werden.

Die Tabelle zeigt die wichtigsten Ataxieformen beim Hund, geordnet nach ihrer Ursache und dem betroffenen Bereich im Nervensystem.

Ataxieform

Ursache/Bereich

Typische Anzeichen

Hereditäre Ataxie

Genetisch, ZNS

Früher Beginn, meist zerebellär, v. a. bei jungen Hunden

Zerebelläre Ataxie

Kleinhirnschädigung

Zielungenauigkeit, Zittern, breitbeiniger Stand

Vestibuläre Ataxie

Gleichgewichtsorgan (Innenohr, Hirnstamm)

Schiefer Kopf, Kreisgehen, Fallneigung

Spinale Ataxie

Rückenmark (z. B. Wobbler-Syndrom)

Schleifende Hinterbeine, Gangunsicherheit

Sensorische Ataxie

Gestörte Tiefensensibilität, PNS

Verzögerte Pfotenreaktion, unkoordinierte Gliedmaßen

Zerebrale Ataxie

Großhirnschädigung (selten)

Koordinationsprobleme + evtl. kognitive Auffälligkeiten

Wie erfolgt die Diagnose beim Tierarzt?

Beim Tierarzt wird der Hund erst einmal beobachtet und sein Gang beurteilt. Anschließend erfolgen neurologische Tests. Anhand der Reaktionen kann der Tierarzt Rückschlüsse ziehen auf Schädigungen der Nervenbahnen.

Bildgebene Untersuchungen

Ebenfalls werden Röntgenbilder mit einem Kontrastmittel angefertigt. Dies geschieht aufgrund der Schmerzen bei der korrekten Lagerung in einer Kurznarkose. Sind die Röntgenbefunde nicht ausreichend für eine sichere Diagnose und Einschätzung der Schädigungen an der Wirbelsäule, können noch CT oder MRT gemacht werden. Das MRT ist die sicherste und detaillierteste Diagnostik, allerdings auch die teuerste.

Zusätzliche Diagnostik

Zusätzlich werden bei bestimmten Verdachtsmomenten weiterführende Untersuchungen eingesetzt – etwa eine Blutuntersuchung, um entzündliche Prozesse oder Infektionen auszuschließen. Bei Rassen, die für genetisch bedingte Ataxien bekannt sind, kann ein Gentest hilfreich sein. Auch eine Liquorpunktion (Hirnwasseruntersuchung) kann in Einzelfällen nötig sein, etwa bei Verdacht auf eine entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems.

Die Wahl der Diagnostik richtet sich stark nach dem individuellen Befund und dem vermuteten Ursprung der Ataxie – ob im Gleichgewichtsorgan, im Rückenmark oder im Gehirn. Eine gezielte neurologische Untersuchung ist darum immer der erste Schritt. Nur so können Folgeuntersuchungen sinnvoll geplant werden.

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Kann Ataxie bei Hunden geheilt werden?

Bei der Ataxie des Hundes handelt es sich um eine Störung der Bewegungskoordination. Die Körperhaltung ist ungewöhnlich und vor allem die Bewegungen des Hundes wirken abgehackt, schwankend und seltsam. Der Hund hat neurologische Ausfälle der Hinterbeine. Die Ursache sind meist Schäden am Rückenmark, dem Gehirn oder an den Nerven. Es können verschiedene Formen einer Ataxie unterschieden werden.

Ob Ataxie heilbar ist, hängt stark von der Ursache ab.
Bei einigen Formen – etwa dem idiopathischen Vestibularsyndrom bei älteren Hunden – ist die Prognose gut: Die Symptome können sich innerhalb weniger Tage bis Wochen deutlich bessern oder sogar vollständig zurückbilden. In solchen Fällen ist keine dauerhafte Schädigung vorhanden.

Anders sieht es bei genetisch bedingten (hereditären) Ataxien oder bei starken strukturellen Schäden im Rückenmark aus – etwa durch Tumoren, degenerative Erkrankungen oder schwerwiegende Bandscheibenvorfälle. Diese Formen gelten in der Regel als nicht heilbar. Ziel ist dann eine Stabilisierung des Zustands und die Linderung von Symptomen durch Physiotherapie, Schmerzmanagement und ggf. chirurgische Eingriffe.

Entzündliche oder infektiöse Ursachen (z. B. durch Viren oder Bakterien) können teilweise behandelt werden – je früher die Diagnose erfolgt, desto besser die Erfolgschancen. Auch toxisch ausgelöste Ataxien (z. B. durch Medikamente) sind oft reversibel, sobald der Auslöser entfernt wird.

Wichtig ist: Ataxie ist ein Symptom, keine eigenständige Krankheit. Eine frühzeitige neurologische Abklärung erhöht die Chancen auf eine gezielte und wirksame Therapie.

OP oder Medikamente – Welche Behandlung ist möglich?

Welche Therapie bei Ataxie infrage kommt, hängt direkt mit der Ursache und Form der Erkrankung zusammen. Wie bereits erwähnt, ist nicht jede Ataxie heilbar, aber viele Fälle lassen sich durch gezielte Maßnahmen deutlich lindern. In manchen Situationen reicht eine medikamentöse Therapie, in anderen ist ein chirurgischer Eingriff nötig. Hier ein Überblick der Behandlungsmöglichkeiten nach Ataxieform:

Hereditäre Ataxie

●      Heilung: nicht möglich

●      Ziel: Lebensqualität erhalten, Fortschreiten verlangsamen

●      Behandlung:

○      Physiotherapie zur Bewegungsunterstützung

○      Medikamentöse Begleittherapie bei sekundären Beschwerden

○      Anpassung der Umgebung, um Verletzungsrisiken zu senken

Zerebrale Ataxie

Behandlung richtet sich nach Ursache:

●      Entzündlich: Antibiotika oder Kortison

●      Tumorbedingt: Operation oder palliative Therapie

●      Traumatisch: Stabilisierung, Schmerztherapie, Ruhe

Sensorische Ataxie

●      Behandlungsmöglichkeiten:

○      Medikamentös: Entzündungshemmer, Schmerzmittel, Bewegungseinschränkung

○      Physiotherapie: zur Stabilisierung der Muskulatur

○      Operation: Dekompression oder Stabilisierung der Halswirbel bei schweren Fällen

●      Prognose: individuell – abhängig von Alter, Ausmaß der Schädigung und Reaktion auf Therapie

Vestibuläre Ataxie

Diese Gleichgewichtsstörung kann peripher (Innenohr) oder zentral (Hirnstamm) entstehen. Besonders häufig ist das geriatrische Vestibularsyndrom.

●      Therapie bei idiopathischer Form: meist keine spezifische Behandlung nötig

●      Symptome bessern sich oft von selbst innerhalb weniger Tage

●      Unterstützend:

○      Medikamente gegen Übelkeit und Schwindel

○      Ruhe und sichere Umgebung

●      Infektiöse Ursachen: Antibiotikatherapie

●      Bei Tumor oder struktureller Schädigung: evtl. chirurgischer Eingriff

Je nach Befund muss entweder Druck vom Rückenmark genommen werden durch eine sogenannte Dekompression oder es wird mittels verschraubter Metallplatten die Wirbelsäule an betroffenen Stellen versteift. Danach muss der Hund Ruhe halten für eine längere Zeit. Nur sehr kurze Spaziergänge an der Leine sind erlaubt, aber kein Toben oder gar Treppenlaufen.

Leichtere Befunde können konservativ behandelt werden, sprich mit Medikamenten und Schonen. Hier ist die Langzeitprognose nicht ganz so gut, allerdings ist das Operationsrisiko hiergegen abzuwägen. Bei Hunden, die keine schweren Symptome haben und diese sich auch nicht mehr verschlechtern, ist eine konservative Therapie oft das Mittel der Wahl für den Tierarzt.

Bei starken Schmerzen werden entzündungshemmende Schmerzmittel gegeben. Allerdings bedeutet dies auch für den Hund, zukünftig Ruhe zu halten und nicht mehr ohne Leine zu toben.

Wie ist die Prognose bei einer Ataxie beim Hund?

Die Prognose bei Ataxie hängt genau wie die Behandlung stark von der zugrunde liegenden Ursache, dem Schweregrad der neurologischen Ausfälle und dem Zeitpunkt der Diagnose ab. Eine frühzeitige Behandlung erhöht in vielen Fällen die Chance auf ein glückliches Leben für Hund und Besitzer:in.

Gute Prognose bei reversiblen Ursachen

Bei vestibulärer Ataxie, besonders dem geriatrischen Vestibularsyndrom, stehen die Chancen auf vollständige Erholung gut. In vielen Fällen bessern sich die Symptome bereits innerhalb weniger Tage – selbst wenn der Hund anfangs stark taumelt oder umfällt. Auch bei entzündlichen oder infektiösen Ursachen, die früh erkannt und gezielt behandelt werden, ist die Prognose meist positiv.

Individuell bei strukturellen Problemen

Bei Bandscheidenvorfällen, Wirbelsäulenschäden oder Tumoren hängt die Prognose von mehreren Faktoren ab:

●      Wie stark ist das Rückenmark betroffen?

●      Wie früh wurde behandelt?

●      Ist eine OP möglich und erfolgreich?

Hier können Medikamente und Operationen die Lebensqualität erhalten oder verbessern. In schweren Fällen bleibt die Ataxie jedoch dauerhaft bestehen.

Kann der Hundehalter einer Ataxie vorbeugen?

Tipp von Santévet: Wirklich vorbeugen kann man nicht. Eine gesunde und ausgewogene Ernährung kann helfen, ebenso wie eine geringe Belastung des Hundes im Wachstum. Da aber die meisten Ursachen genetisch bedingt sind, kann hier kein Einfluss genommen werden.

Genetisch bedingte Ataxien

●      Verantwortungsvolle Zucht: Züchter sollten genetische Tests nutzen.

●      Früherkennung: Bei Rassen mit Prädisposition für zerebelläre Ataxie ist eine frühzeitige Beobachtung auf Symptome wichtig.

Erworbene Ataxien

●      Regelmäßige Bewegung

●      Vermeidung von Toxinen: Schutz des Hundes vor schädlichen Substanzen, die neurologische Schäden verursachen können.

Wachstumsbedingte Erkrankungen (z. B. Wobbler-Syndrom)

●      Angepasste Ernährung: Welpen großer Rassen sollten mit speziellem Welpenfutter gefüttert werden, das auf ein langsames Wachstum abgestimmt ist.

●      Begrenzte körperliche Belastung: Intensive körperliche Aktivitäten wie langes Rennen, Springen oder exzessives Spielen sollten vermieden werden.

●      Regelmäßige tierärztliche Kontrollen: Frühzeitige Untersuchungen können helfen, Probleme frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.

Obwohl eine vollständige Vorbeugung von Ataxie nicht möglich ist, können diese Maßnahmen dazu beitragen, das Risiko zu minimieren und die Lebensqualität des Hundes zu verbessern.

Herausgegeben von

Martin Walter

Redaktion

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Quelle:

https://tierarzt-karlsruhe-durlach.de/ataxie-bei-hunden

https://www.zooplus.de/magazin/hund/hundegesundheit-pflege/ataxie-hund

Expertenmeinung

https://www.uni-giessen.de/de/fbz/fb10/institute_klinikum/klinikum/kleintierklinik/Chirurgie/neurologie/Patienteninformation/wobbler-syndrom