Kastrieren oder nicht? Wichtige Fakten für Hundebesitzer:innen

Das Wichtigste in Kürze: ●      Eine individuelle Entscheidung: Kastration kann medizinisch sinnvoll sein, birgt aber Risiken wie Verhaltensänderungen und Gesundheitsprobleme. Beratung durch den Tierarzt ist entscheidend. ●      Eingriff & Kosten: Bei Hündinnen ist der Eingriff aufwendiger und teurer als bei Rüden. Es gibt auch Kastrations-Chips für Rüden, aber keine nebenwirkungsarmen Alternativen für Hündinnen. ●      Nachsorge ist wichtig: Weniger Futter, mehr Bewegung und angepasstes Training helfen, Nebenwirkungen zu vermeiden und die Gesundheit zu erhalten.

Den Hund kastrieren lassen: wichtige Informationen für Hundehalter:innen

Die Kastration beim Hund zählt zu den am häufigsten durchgeführten Eingriffen in Tierarztpraxen und Tierkliniken. Viele Hundehalter:innen sind aber zunächst unsicher, ob eine Kastration (oder eine Sterilisation) für ihr Tier sinnvoll ist. Es gibt einige Gründe, die dafür sprechen, seinen Hund oder seine Hündin kastrieren zu lassen. Ebenso häufig sind Situationen, in denen davon abgeraten wird.

Wir geben Ihnen einen kurzen Überblick über die verschiedenen Verfahren und ihre Risiken. Dann gehen wir auf die Vor- und Nachteile einer Kastration ein. Für eine umfassende Beratung, bei der Ihre individuellen Umstände berücksichtigt werden, ist ein Termin bei Ihrem Tierarzt oder Ihrer Tierärztin aber unumgänglich!

Unterschied zwischen Kastration und Sterilisation

Die Kastration ist ein operativer Eingriff beim Tierarzt oder bei der Tierärztin, der das Ziel verfolgt, das Tier unfruchtbar zu machen und stellt eine sichere Methode zur Empfängnisverhütung dar. Eine Kastration kann sowohl bei Rüden als auch bei Hündinnen durchgeführt werden.

Kastration: Bei Rüden und Hündinnen möglich

Während beim Rüden die Hoden aus den Hodensäcken entfernt werden, entnimmt der Tierarzt oder die Tierärztin bei der Kastration der Hündin nach der Öffnung der Bauchdecke unter Narkose die Eierstöcke und meistens zusätzlich die Gebärmutter. Für Hündinnen ist es also ein schwererer Eingriff als für Rüden.

Sterilisation: Seltene Alternative – vor allem bei Hündinnen

Davon abzugrenzen ist die Sterilisation der Hündin, die jedoch seltener vorgenommen wird. Bei der Sterilisation durchtrennt der Tierarzt oder die Tierärztin die Eileiter, wodurch ebenfalls eine Unfruchtbarkeit entsteht. Bei Rüden ist eine Sterilisation durch die Trennung der Samenleiter möglich, wird jedoch kaum noch durchgeführt. Wer sicher ungewollten Nachwuchs verhindern möchte, sollte sein Tier kastrieren lassen.

Was kostet eine Kastration bei Rüden und Hündinnen?

Die Kosten für eine Kastration bei Hunden können je nach Tierarzt, Tierärztin oder Tierklinik stark variieren. Der einfache Tierarztgebührensatz für einen Rüden liegt bei 70,60 Euro und für eine Hündin bei 192,00 Euro. Werden die dreifachen Sätze herangezogen, kommen Sie bereits auf 211,80 für eine Kastration beim Rüden und auf 576,00 Euro bei einer Hündin.

Was eine Kastration letztlich kostet, hängt unter anderem vom Abrechnungssatz der Praxis ab – mehr zur GOT-Tierarztgebührenordnung.

Tipp:
Die Kosten für notwendige Kastrationen Ihres Hundes können Sie sich mit der Hundekrankenversicherung von Santévet zurückerstatten lassen. Auch eine vorsorgliche Kastration wird über die Vorsorgepauschale erstattet.

Wie sieht der Ablauf einer Kastration aus?

Am Anfang der Kastration eines Hundes steht eine umfassende klinische Untersuchung beim Tierarzt oder der Tierärztin. Dabei werden sämtliche Körperfunktionen untersucht, da Hunde nur kastriert werden können, wenn sie sich in einem gesunden, stabilen Zustand befinden und die Narkose voraussichtlich gut vertragen.

Verläuft die Erstuntersuchung erfolgreich, wird ein Termin zur Kastration vereinbart. Am Tag der Kastration muss der Hund unbedingt nüchtern sein, damit es zu keinen Komplikationen während der Vollnarkose kommt. Auch wenn eine Operation unter Narkose ein ernst zu nehmender Eingriff ist, werden Kastrationen mit viel Routine durchgeführt.

Wurde die Narkose eingeleitet, erfolgt der chirurgische Eingriff. Dieser ist bei Rüden und Hündinnen natürlich sehr unterschiedlich.

Die Kastration bei Rüden

Bei Rüden geht das Praxisteam wie folgt vor: Der Operationsbereich wird zunächst gründlich rasiert und gesäubert. Dann wird ein Schnitt vor dem Hodensack gesetzt. Die Samenleiter und Gefäße werden abgebunden und die Hoden entfernt. Danach wird die Wunde genäht. Die Kastration des Rüden ist nach der OP nicht rückgängig zu machen. Wenn nur ein Hoden entfernt werden muss, verbleibt ein funktionsfähiger Hoden. In diesem Fall ist der Rüde nicht kastriert und kann auch mit einem Hoden Nachkommen zeugen.

Die Kastration bei Hündinnen

Die Operation der Hündin wird ebenfalls unter Vollnarkose durchgeführt. Zuerst wird der Operationsbereich gereinigt und rasiert. Die Eierstöcke und unter Umständen auch die Gebärmutter werden chirurgisch entfernt. Danach werden die Wunden vernäht. Einige Tierarztpraxen führen auch eine endoskopische Kastration durch. Die Endoskopie ist ein minimalinvasives Verfahren. Die Eierstöcke der Hündin werden über zwei bis drei kleine Schnitte entfernt.

Wenn Ihre Praxis diesen weniger schweren Eingriff anbietet, sollten Sie diesen trotz eventueller Mehrkosten in Betracht ziehen. Die Erholungszeit ist sehr viel kürzer.

Nach dem Eingriff wird Ihr Hund die Aufwachphase in der Praxis verbringen, um sicherzugehen, dass der Eingriff und die Narkose gut überstanden wurden. Dann kann Ihre Fellnase in der Regel bereits wieder mit Ihnen nach Hause, um sich von den Strapazen der Operation zu erholen. Nach einer Operation wie der Kastration sollten sich Besitzer:innen Gedanken darüber machen, den Hund vorübergehend mit Schonkost für Hunde zu füttern, um den Kreislauf nicht zusätzlich zu belasten.

Die Heilungsphase nach der Kastration

In der Regel ist die Kastration bei Hunden mit einer kurzen Heilungsphase verbunden. Am Tag der Operation sollte das Tier geschont werden und sich an einem ruhigen Platz ausruhen. In den nächsten 10 bis 14 Tagen ist Ruhe angesagt. Spaziergänge sollten gemütlich sein und Spielen erst einmal vermieden werden. Sie sollten Zug an den Operationsnähten unbedingt vermeiden.

Kontrollieren Sie jeden Tag die Wunde, bei Auffälligkeiten wie Rötungen oder Schwellungen sollten Sie Ihre Tierarztpraxis kontaktieren. Bei Eiter oder Blutungen sollten Sie schnellstmöglich einen Termin vereinbaren. Die Kastration bei weiblichen Hunden ist ein aufwendigerer und meist schmerzhafterer Eingriff, wodurch die OP-Nachsorge hier etwas intensiver ausfällt.

Wichtig: Der Hund muss die Naht in Ruhe lassen, was Hundehalter durch eine Halskrause oder einen Ganzkörperbody sicherstellen können.

Nach etwa zehn Tagen steht erneut ein Tierarzttermin an, bei dem der Tierarzt oder die Tierärztin die Fäden zieht .

Nebenwirkungen und Nachteile von operativen Kastrationen

Durch eine Kastration wird der Hormonhaushalt Ihres Hundes für immer verändert. Möglicherweise kommt es durch die hormonellen Veränderungen zu Fellveränderungen, gesteigertem Appetit und Gewichtszunahme. Diesen Begleiterscheinungen lässt sich jedoch leicht entgegenwirken, etwa durch ein Gewichtsmanagement und die Zufuhr von Nährstoffen wie Biotin und Zink für die Fellgesundheit.

Die Operation selbst birgt die typischen Risiken wie Infektionen oder Entzündungen der OP-Narbe. Diese Nebenwirkungen treten dank der modernen Tiermedizin jedoch selten auf. Wir gehen im folgenden Abschnitt genauer auf die häufigsten Langzeit-Nebenwirkungen ein.

Nebenwirkung

 

Fellveränderungen

Mehr Unterwolle, stumpferes oder flauschigeres Fell, symmetrischer Haarausfall – v. a. bei Hündinnen mit langem oder rotem Fell.

Erhöhtes Krebsrisiko

Höheres Risiko für Tumoren an Prostata, After, Milz, Herz oder Knochen – trotz geringerer Gefahr bei bestimmten anderen Krebsarten.

Altersdemenz

Durch Hormonmangel steigt das Risiko für kognitive Störungen im Alter wie Vergesslichkeit oder Orientierungslosigkeit.

Geschwächter Bewegungsapparat

Frühkastrierte Hunde haben häufiger Gelenkschäden, Kreuzbandrisse, Muskelabbau und schwächeres Bindegewebe.

Fellveränderungen

Bei Hündinnen mit langhaarigem Fell und/oder roter Fellfarbe bewirkt die Kastration oft ein vermehrtes Wachstum der Unterwolle. Besonders betroffen sind Dackel, Cocker Spaniel und Irish Setter. Das Fell wird wieder welpenähnlich. 49 % der Hündinnen sind nach einer Kastration von einer Fellveränderung betroffen. Bei Rüden wird das Fell durch die Abwesenheit des Testosterons stumpfer und flauschiger. Beide Geschlechter neigen zu symmetrischem Haarausfall im hinteren Rumpf- und Flankenbereich.

Erhöhtes Krebsrisiko

Eine frühzeitige Kastration von Hündinnen kann das Risiko von Gesäuge- oder Gebärmuttertumoren verringern. Ein solcher Eingriff ist allerdings gemäß dem Deutschen Tierschutzgesetz unzulässig. Viele Hundehalter:innen sind sich jedoch nicht bewusst, dass die Kastration das Risiko erhöht, an anderen Tumoren zu erkranken.

Zum Beispiel haben kastrierte Rüden ein bis zu dreimal höheres Risiko, an Prostatakrebs zu erkranken. Bei kastrierten Hündinnen kann es zu Tumoren rund um den After und Schließmuskel kommen. Eine Kastration erhöht generell das Risiko für Tumore an Milz, Herz oder Knochen.

Altersdemenz

Das weibliche Geschlechtshormon Östrogen sorgt dafür, dass die für Alzheimer verantwortlichen Ablagerungen im Gehirn abgebaut werden. Beim Rüden wird das Hormon Testosteron im Gehirn zu Östrogen umgewandelt. Durch den Eingriff in den Hormonhaushalt der Tiere findet dieser Prozess nicht mehr statt.

Wenn die Schutzfunktion des Östrogens wegfällt, steigt das Risiko von Altersdemenz. Im Alter sind Vergesslichkeit, Orientierungslosigkeit, gesteigerte Nervosität und teilweise Aggressivität und Schlafprobleme häufiger zu erwarten.

Geschwächter Bewegungsapparat

Durch die Kastration erhöht sich die Gefahr von Gelenkfehlbildungen und Gelenkschäden. Das Risiko ist höher, je früher der Hund kastriert wurde. Auch Kreuzbandrisse kommen häufiger vor. Durch die Abwesenheit von Testosteron kommt es zu Muskelabbau und einem schwächeren Bindegewebe.
Hunde, die bereits Probleme mit ihrem Bewegungsapparat haben, oder eine Veranlagung dazu haben, sind besonders stark betroffen. Hunde mit orthopädischen Erkrankungen wie einer Ellenbogendysplasie müssen bei der Entscheidung zur Kastration besonders sorgfältig betrachtet werden.

Chemisch kastrieren – der Kastrationschip

Die chemische Kastration beim Rüden ist eine hormonelle Alternative zur operativen Kastration. Hierbei wird ein Kastrationschip unter die Haut implantiert, der die Testosteronproduktion für 6 oder 12 Monate stark reduziert. Dadurch wird der Hund in dieser Zeit unfruchtbar.

Zu Beginn der Behandlung kann es zu einem kurzfristigen Anstieg testosteronbedingter Verhaltensweisen kommen – wie gesteigerter Sexualtrieb, Unruhe oder Nervosität. Diese Nebenwirkungen sind vorübergehend, können aber auch bei Nachlassen der Wirkung erneut auftreten. Die Hoden schrumpfen während der chemischen Kastration deutlich, wachsen nach deren Ende aber wieder auf Normalgröße und der Hund wird wieder zeugungsfähig.

Wichtig: Der Kastrationschip sollte nicht vor Abschluss des Wachstumsprozesses eingesetzt werden, da er die Verknöcherung der Wachstumsfugen und die Entwicklung des Bewegungsapparats negativ beeinflussen kann.

Für Hündinnen steht aktuell keine vergleichbare, risikoarme hormonelle Alternative zur Verfügung. Tabletten, Injektionen oder hormonelle Implantate zur chemischen Kastration bei Hündinnen bringen deutlich stärkere Nebenwirkungen mit sich und eignen sich daher nur zur kurzzeitigen Anwendung.

Wann ist es sinnvoll, Rüden kastrieren zu lassen?

Neben den genannten medizinischen Indikationen, die für eine Kastration sprechen, werden vor allem Hündinnen kastriert, um bestimmten Krankheiten vorzubeugen. Die Kastration erhöht jedoch das Risiko anderer Erkrankungen. Und nicht zu vergessen: Die Operation kann mit Risiken verbunden sein. Hunde werden auch kastriert, um das Zusammenleben zu vereinfachen oder weil eine unkontrollierte Fortpflanzung verhindert werden soll. Eine Sterilisation kann in einigen Fällen eine geeignete Alternative sein.

Einige Hundehalter hoffen, dass sich das Verhalten ihres Hundes verändert, und sind sich nicht der Tatsache bewusst, dass viele Verhaltensweisen nicht durch die Geschlechtshormone gesteuert werden. Nicht immer hat eine Kastration die gewünschte Wirkung.

Gründe für eine Kastration

Eine Kastration kann aus verschiedenen Gründen sinnvoll oder sogar notwendig sein. Hundehalter sollten dabei immer die individuelle Situation ihres Tieres berücksichtigen und sich tierärztlich beraten lassen.

Typische Gründe für eine Kastration:

●      Verhinderung ungewollter Trächtigkeit, besonders bei Hunden mit regelmäßigem Kontakt zu Artgenossen.

●      Reduktion von durch Hormone motivierten Verhaltensweisen wie Streunen, Markieren, Bespringen oder Revierverhalten.

●      Vermeidung von Scheinträchtigkeit bei Hündinnen, die oft körperlich und psychisch stark belastet.

●      Hygienische Vorteile, etwa kein Läufigkeitsblut bei Hündinnen oder Ausfluss bei Rüden.

Medizinische Notwendigkeit:

Eine Kastration ist unumgänglich bei bestimmten Erkrankungen wie Tumoren an Hoden, Eierstöcken, Gebärmutter oder Gesäugeleisten. Auch bei Gebärmutterentzündungen, Diabetes (bei Hündinnen) oder Hodenhochstand ist ein operativer Eingriff oft der einzige sinnvolle Weg, gesundheitliche Risiken auszuschließen. Tatsächlich sind medizinische Gründe mit 81 % bei Hündinnen der Hauptgrund für den Eingriff.

Viele Halter:innen beobachten nach dem Eingriff ein ruhigeres und ausgeglicheneres Verhalten ihres Hundes. Ob das zutrifft, hängt jedoch stark vom individuellen Charakter und Gesundheitszustand ab.

Gründe gegen eine Kastration

Gründe, die gegen eine Kastration des Hundes sprechen, sind:

  • geplante Zucht
  • das Tier hat bereits ein höheres Alter
  • mangelhafte gesundheitliche Verfassung des Hundes, Vorerkrankungen
  • Hunde mit hohem Narkoserisiko

Falls der Hund zu einer der oben genannten Gruppen zählt und der Halter sich dennoch eine Kastration wünscht, sollten die genauen Rahmenbedingungen individuell mit dem Tierarzt oder der Tierärztin abgesprochen werden. Diese(r) beurteilt auch, ob der Hund zu einer Risikogruppe zählt und ob er die Narkose voraussichtlich gut verträgt. Er/sie wird zudem die schonendste Narkose-Option für den Hund wählen.

Wann ist der optimale Zeitpunkt, um den Hund kastrieren zu lassen?

Über den optimalen Zeitpunkt der Kastration bei Hunden herrschen unterschiedliche Ansichten. Bei Hündinnen ist die Kastration vor der ersten Läufigkeit sinnvoll, damit es nicht zur Scheinträchtigkeit kommt. Diese Frühkastration wird daher im Alter von sechs bis zwölf Monaten (noch vor Erlangen der Geschlechtsreife) durchgeführt. Während der Läufigkeit oder Scheinträchtigkeit dürfen Hündinnen nicht kastriert werden.

Kastrationszeitpunkt von Hunderasse abhängig

Kleine Hunderassen erreichen die Geschlechtsreife meist früher als größere. So kann die Geschlechtsreife beim Chihuahua bereits ab dem fünften Lebensmonat eintreten, während etwa Berner Sennenhunde für gewöhnlich frühestens ab dem zwölften Lebensmonat geschlechtsreif sind. Dies ist bei der Wahl des Kastrationszeitpunktes unbedingt zu berücksichtigen.

Rüden werden ebenfalls mit sechs bis zwölf Monaten geschlechtsreif. Soll das rüdentypische Verhalten wie Markieren, Aggressionen gegen andere Rüden oder Herumstreunen unterbunden werden, ist auch hier eine Frühkastration angeraten. Für eine frühe Kastration spricht außerdem, dass der Eingriff hier noch mit einem geringen Risiko für Nebenwirkungen verbunden ist.

Gründe gegen die Frühkastration

Gegen eine Frühkastration sprechen sich einige Tiermediziner aus, weil es möglicherweise zum mangelnden Einfluss der entsprechenden Hormone kommt. Das kann beispielsweise bei ängstlichen, unsicheren Welpenrüden problematisch sein. Möchte man die Ausbildung der Geschlechtshormone zunächst abwarten, kann auch eine Kastration nach der Wachstumsphase oder nach den ersten beiden Läufigkeiten der Hündin erfolgen.

Tipp von Santévet: Alternativ lassen sich die Auswirkungen einer Kastration auf den Hund mit einem Hormonchip zunächst testen.

In jedem Fall ist die Kastration eine individuelle Entscheidung, die Tierhalter:innen genau wie die Impfung beim Hund mit dem Tierarzt oder der Tierärztin besprechen sollten.

„Kastrationen ohne medizinische Indikation widersprechen dem Tierschutzgesetz – trotzdem werden sie in der Praxis viel zu oft routinemäßig durchgeführt.“ – Dr. Sophie Strodtbeck, Tierärztin und Verhaltensberaterin

Wie verändert sich das Verhalten bei kastrierten Hunden?

Viele Hundehalter glauben, dass sich der Charakter verändert, wenn sie ihren Hund kastrieren lassen. Bei Rüden ist der Hauptgrund für eine Kastration (74 %) das Verhalten. Davon ist in der Regel allerdings nicht auszugehen. Tatsächlich ändert sich nicht so sehr die Persönlichkeit des Tieres, sondern vielmehr der Hormonhaushalt und der Stoffwechsel. Dadurch bleiben hormongesteuerte Verhaltensweisen aus, was in vielen Fällen erwünscht ist.

Können Verhaltensprobleme durch Kastration gelöst werden?

Das ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Wenn die unerwünschten Verhaltensweisen durch Sexualhormone hervorgerufen werden, kann eine Kastration eine Lösung sein. Liegt die Ursache aber in einer mangelnden Erziehung, ändert die Kastration natürlich nichts. Auch ein erlerntes Verhalten wird durch eine OP nicht rückgängig gemacht. In einigen Fällen verschlechtert sich die Situation sogar.

Werden Hunde nach einer Kastration aggressiv?

Nach einer Kastration zeigen einige kastrierte Rüden aggressives Verhalten gegenüber gruppenfremden Lebewesen, wenn sich Jungtiere in der eigenen Gruppe befinden. Kinder gehören für einen Hund ebenfalls zu den Jungtieren. Die Ursache liegt in der vermehrten Wirkung des Prolaktins. Dieses Hormon ist für das Brutpflegeverhalten verantwortlich.

Andere Verhaltensweisen, die primär durch Cortisol beeinflusst werden, werden durch eine Kastration eher verstärkt. Dazu zählen unter anderem Futter- und Angstaggressionen oder ein defensives Territorialverhalten. Auch eine bereits bestehende Trennungsangst wird durch die Abwesenheit der Sexualhormone eher verschlimmert.

Auch der Jagdinstinkt wird nach einer Kastration eher intensiver. In diesem Fall dienen die Sexualhormone ebenfalls als Gegenspieler, die den Hund eher träge machen. Sie sehen: Der Hormonhaushalt Ihres Hundes ist komplex. Lassen Sie sich je nach Charakter Ihres Hundes intensiv beraten, bevor Sie eine Operation vornehmen lassen. Es gibt dafür gute Gründe, Sie sollten aber eine realistische Vorstellung darüber haben, was diese Veränderung für Ihren Hund bedeutet.

Umstellungen nach einer Kastration

Wenn Sie sich für eine Kastration entscheiden, gibt es einige Maßnahmen, die Ihrem Hund danach ein gesundes und hoffentlich langes Leben ermöglichen. Da die Nebenwirkungen bekannt sind, haben Hundebesitzer:innen die Möglichkeit, den negativen Folgen entgegenzuwirken. Wir haben die drei wichtigsten Punkte für Sie zusammengefasst:

Weniger Futter

Der Grundstoffwechsel Ihres Tieres verringert sich nach einer Kastration um ca. 30 %. Die Veränderungen des Stoffwechsels führen möglicherweise zu einer Gewichtszunahme, wenn Hundehalter:innen keine gegensteuernden Maßnahmen ergreifen. Bei den kastrierten Hündinnen haben ca. 44% eine Gewichtszunahme nach dem Eingriff. Es ist daher sinnvoll, mit einer angepassten Fütterung auf den verlangsamten Stoffwechsel eines kastrierten Hundes zu reagieren.

Ausreichend Bewegung

Ein Bewegungsprogramm, das auf das Alter und die Konstitution des Hundes abgestimmt ist, ist sinnvoll, um den Bewegungsapparat des Hundes zu erhalten. Es ist auch eine physiotherapeutische Behandlung oder die Unterstützung durch einen Osteopathen ratsam, wenn bereits vor der Kastration Einschränkungen oder Probleme bekannt sind.

Training anpassen

Kastrierte Hunde sind anfälliger für Stress. Der Hund sollte im Training Erfolgserlebnisse haben. Sorgen Sie also dafür, dass Ihr Hund beim Training zumindest einen Teil der Aufgaben immer gut bewältigt. Mit dieser Maßnahme werden zwei Probleme gelöst: Der erhöhte Dopamin-Spiegel führt zu einer Verringerung der Cortisolproduktion und schützt darüber hinaus vor Demenz.

Herausgegeben von

Martin Walter

Redaktion

Quellen/Data:

https://reportage.wdr.de/hundekastration