Therapiehunde – Wirkung, Ausbildung und Einsatzmöglichkeiten

Therapiehunde sind mehr als freundliche Fellnasen, die ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Sie sind sorgfältig ausgebildete Partner in der therapeutischen Arbeit und können Menschen in schwierigen Lebenssituationen unterstützen. Sie arbeiten mit Fachkräften aus Medizin, Psychologie, Pädagogik und Pflege zusammen, um das Wohlbefinden zu steigern, Ängste zu mindern, Kommunikationsbarrieren zu überwinden und sogar körperliche Heilungsprozesse zu fördern.

Das Wichtigste in Kürze (TL;DR):

  • Therapiehunde haben nachweislich positive Wirkungen auf Körper, Psyche, soziales Verhalten und kognitive Fähigkeiten, indem sie Stress reduzieren, Vertrauen fördern und Motivation steigern.
  • Damit ein Hund als Therapiehund arbeiten kann, muss er bestimmte Eigenschaften wie Ausgeglichenheit und Belastbarkeit mitbringen und eine umfassende Ausbildung samt Prüfung durchlaufen.
  • Eingesetzt werden Therapiehunde in vielen Bereichen wie Psychotherapie, Pädagogik, Rehabilitation und Pflege, wobei klare Regeln zu Hygiene, Arbeitszeit und ethischer Verantwortung einzuhalten sind.

Zusätzliche Hilfe bei Depressionen oder in der Reha

Der Trend zur tiergestützten Therapie ist in den letzten Jahren stark gewachsen. Kliniken, Rehazentren, Pflegeeinrichtungen, Schulen und sogar Gefängnisse setzen zunehmend auf Hunde, um die Wirksamkeit ihrer Programme zu erhöhen. Dabei geht es nicht nur um die emotionale Nähe, die ein Hund vermittelt – die positiven Effekte sind wissenschaftlich nachgewiesen. Studien belegen unter anderem, dass schon die bloße Anwesenheit eines ruhigen Hundes den Blutdruck senken kann, dass sich depressive Symptome mildern und Menschen mit Angststörungen leichter Vertrauen fassen.

Dieser Artikel zeigt ausführlich, was einen Therapiehund ausmacht, welche Anforderungen er erfüllen muss, wie er ausgebildet wird, in welchen Bereichen er wirkt und welche Mechanismen hinter seiner Wirkung stehen. Außerdem werden rechtliche Rahmenbedingungen beleuchtet, physiologische Effekte detailliert erklärt, Praxisbeispiele genannt und häufig gestellte Fragen beantwortet.

Geschichtlicher Hintergrund von Therapiehunden

Hund rollt sich auf dem Sofa ein neben Frau

Die Idee, Tiere in der Betreuung von Menschen einzusetzen, ist nicht neu. Schon Ende des 18. Jahrhunderts wurden in England Hunde und andere Tiere in einer Klinik für Menschen mit seelischen Einschränkungen gehalten. Man stellte fest, dass die Patienten durch den Umgang mit Tieren ruhiger wurden und sich besser auf ihren Alltag einlassen konnten. Auch im 19. Jahrhundert setzte man in Europa und den USA Tiere ein – vor allem, um Einsamkeit zu lindern und den Menschen wieder ein Gefühl von Verantwortung zu geben.

Richtig an Bedeutung gewann das Thema aber erst im 20. Jahrhundert. Der amerikanische Kinderpsychiater Boris Levinson bemerkte in den 1960er-Jahren durch Zufall, dass sein Hund „Jingles“ einem Kind half, das sich zuvor komplett zurückgezogen hatte. Levinson sprach erstmals von „Therapie mit Haustieren“ und gilt bis heute als einer der Begründer der modernen tiergestützten Therapie.

In Europa untersuchten später Forscher wie Konrad Lorenz, warum Tiere eine so starke Wirkung auf Menschen haben. Ab den 1980er-Jahren wurde das Thema dann immer wissenschaftlicher betrachtet, und es entstanden erste Standards für den Einsatz von Hunden in Kliniken, Schulen und Pflegeheimen.

Heute baut die Arbeit mit Therapiehunden auf diesen frühen Erfahrungen auf – und sie wird ständig weiterentwickelt, damit Hund und Mensch gleichermaßen profitieren.

Definition: Was ist ein Therapiebegleithund?

Ein Therapiehund ist ein speziell ausgebildeter Haushund, der im Rahmen einer tiergestützten medizinischen Behandlung in medizinischen, psychologischen oder pädagogischen Settings eingesetzt wird. Das Besondere: Er arbeitet nie allein, sondern immer unter Anleitung einer geschulten Person, die die Therapie plant und durchführt.

Therapiehunde sind klar von anderen Arbeits- und Assistenzhunden zu unterscheiden. Assistenzhunde sind dauerhaft auf eine Person ausgerichtet und helfen ihr im Alltag – zum Beispiel als Blindenführhund oder als Diabeteswarnhund. Besuchshunde hingegen besuchen Einrichtungen meist ehrenamtlich, ohne eine therapeutische Zielsetzung zu verfolgen. Der Therapiehund ist dagegen Teil eines gezielten Interventionsplans, bei dem sein Verhalten und seine Interaktion als therapeutisches Mittel genutzt werden.

Golden Retriever, Schäferhunde …: Welche Hunderassen eignen sich als Therapiehund?

Die Eignung als Therapiehund hängt weniger von der Rasse ab als von den individuellen Charaktereigenschaften. Wichtige Merkmale sind ein ausgeglichenes Wesen, Geduld, eine hohe Reizschwelle, Freundlichkeit gegenüber Menschen, Toleranz gegenüber Berührungen und eine stabile Gesundheit. Der Vierbeiner muss sowohl in ruhigen Situationen entspannt bleiben als auch in belebten Umgebungen sicher agieren können.

Beliebte Rassen in diesem Einsatzgebiet sind Golden Retriever, Deutsche Schäferhunde, Labrador Retriever, Berner Sennenhunde oder Magyar Vizsla. Auch Australian Shepherds und viele Mischlinge können als zukünftige Therapiehunde geeignet sein, wenn sie die erforderlichen Eigenschaften mitbringen. Sie zeichnen sich durch Menschenbezogenheit, Lernfreude, Kommunikationsfreude und einen starken Aufforderungscharakter aus.

Ausbildung: Welche Voraussetzungen müssen Hunde in Deutschland erfüllen?

Die Ausbildung eines Therapiehundes ist umfangreich und kann je nach Land und Organisation mehrere Monate bis Jahre dauern.

  1. Eignungsprüfung – Oft beginnt der Auswahlprozess bereits im Welpenalter mit Verhaltenstests. Geprüft werden u. a. Reaktionen auf plötzliche Geräusche, den Kontakt zu Fremden, Berührungen und das Verhalten in unbekannten Umgebungen.
  2. Grundausbildung – Der Hund lernt Basisgehorsam („Sitz“, „Platz“, „Bleib“, „Hier“) und sicheres Verhalten in verschiedenen Alltagssituationen.
  3. Spezialisierung – Für den Therapieeinsatz werden gezielte Fähigkeiten trainiert: sanftes Anlehnen an eine Person, das Legen des Kopfes auf den Schoß, das Folgen bestimmter Gesten oder das Holen und Bringen von Gegenständen.
  4. Sozialisation – Der Hund wird an unterschiedliche Personengruppen gewöhnt – von Kindern über Senioren bis zu Menschen mit körperlichen Einschränkungen, Spastiken oder psychischen Erkrankungen.
  5. Teamprüfung – Hund und Hundeführer werden gemeinsam geprüft. Dabei wird bewertet, wie gut sie als Team arbeiten, wie der Hund auf verschiedene Situationen reagiert und wie sicher der Hundeführer ihn führt.

In Österreich ist die staatliche Prüfung am Messerli Forschungsinstitut Pflicht. In Deutschland und der Schweiz übernehmen meist anerkannte Ausbildungszentren die Prüfung. Internationale Standards, etwa von der International Society of Animal Assisted Therapy, sorgen für einheitliche Qualitätsanforderungen.

Ausbildung von Hundeführern – Kosten und Ablauf

Die Ausbildung eines Therapiehundes ist nicht nur für den Hund, sondern auch für den Hundeführer eine große Aufgabe. Wer mit seinem Hund in diesem Bereich arbeiten möchte, muss viel Zeit und persönliches Engagement einbringen. Schon die Grundausbildung erfordert regelmäßiges Training, Geduld und Konsequenz, denn der Hund muss nicht nur Kommandos zuverlässig befolgen, sondern auch lernen, in ganz unterschiedlichen Situationen ruhig und sicher zu bleiben. Hinzu kommt die Spezialisierung auf bestimmte Aufgaben, etwa das sanfte Anlehnen oder das geduldige Ausharren bei Kindern und Senioren.

Auch die Kosten sind nicht zu unterschätzen: Je nach Land, Ausbildungszentrum und Umfang bewegen sie sich oft im mittleren vierstelligen Bereich. Hinzu kommen regelmäßige Tierarztkontrollen, Gesundheitschecks, die nötigen Impfungen und Fortbildungen für den Hundeführer selbst. Denn auch der Mensch muss geschult werden – im richtigen Umgang mit Patienten, in Hygienevorschriften und in der Interpretation des Hundeverhaltens, um Stress oder Überlastung rechtzeitig zu erkennen.

Eine zentrale Rolle spielen Prüfungsinstitutionen und Qualitätskontrollen. Sie stellen sicher, dass Hund und Hundeführer tatsächlich als Team geeignet sind und den hohen Anforderungen im Alltag gerecht werden. Dabei wird nicht nur der Hund getestet, sondern auch die Kompetenz des Menschen im Umgang mit schwierigen Situationen. Diese regelmäßigen Überprüfungen sind wichtig, damit das Vertrauen von Kliniken, Schulen und Patienten in den Einsatz von Therapiehunden dauerhaft gesichert bleibt.

So unterstützen Hunde eine Therapie

Therapiehunde wirken auf verschiedenen Ebenen – körperlich, emotional, sozial und kognitiv.

Physiologische Wirkung: Die Anwesenheit eines Hundes kann den Blutdruck und Puls senken. Studien zeigen, dass sich selbst ohne Berührung messbare Entspannungsreaktionen einstellen.

Stärkung der emotionalen Stabilität: Hunde schaffen ein Gefühl von Sicherheit, Geborgenheit und Akzeptanz. Sie helfen Menschen, Stress, Angst und Traurigkeit zu überwinden.

Soziale Wirkung: Hunde erleichtern soziale Kontakte. Sie können als „soziale Brücke“ dienen, besonders für Menschen, die Hemmungen haben, mit anderen zu sprechen.

Kognitive Wirkung: In der Arbeit mit Kindern fördern Hunde Motivation und Konzentration. Aufgaben, die in einem normalen Setting als anstrengend empfunden werden, werden in Anwesenheit eines Hundes oft freiwillig und mit Freude erledigt. Auch die Steigerung des Selbstwertgefühls spielt dabei eine große Rolle.

Ein zentrales Forschungsergebnis bringt die Wirkung auf den Punkt: „Das Befinden der PatientInnen verbesserte sich nach dem Einsatz der Hunde signifikant, unabhängig von der psychiatrischen Diagnose.“

Physiologische Effekte im Detail

Forschungen im Bereich der Human-Animal Interaction zeigen, dass der Körper auf die Anwesenheit eines Hundes mit messbaren Anpassungen reagiert.

●      Cortisolspiegel: In kontrollierten Studien sank der Cortisolwert im Blut signifikant nach wenigen Minuten Interaktion mit einem Hund.

●      Oxytocin: Gleichzeitig steigt der Spiegel dieses „Bindungshormons“, das mit Vertrauen, sozialer Nähe und Entspannung verbunden ist.

●      Herzfrequenzvariabilität (HRV): Diese verbessert sich nach Hundekontakt und gilt als Marker für Stressresistenz und Herzgesundheit.

●      Immunsystem: Regelmäßiger positiver Tierkontakt kann die Aktivität bestimmter Abwehrzellen erhöhen, was besonders für Menschen in der Rehabilitation bedeutsam ist.

Gerade im physiologischen Bereich werden immer wieder erstaunliche Erfolge dokumentiert, die zeigen, wie wertvoll der Einsatz von Hunden für therapeutische Zwecke ist.

Hygiene und Arbeitsbedingungen

Therapiehunde müssen frei von Krankheiten und Parasiten sein. Vierteljährliche Entwurmungen und regelmäßige tierärztliche Kontrollen sind vorgeschrieben.

Die Arbeitszeit ist begrenzt: Maximal 45 Minuten pro Tag in Einzelsitzungen und höchstens drei Einsätze pro Woche. Bei mehreren Hunden und ausreichenden Pausen sind bis zu zwei Stunden pro Tag möglich.

Strikte Hygienemaßnahmen schützen vor Keimen wie MRSA oder Clostridium difficile. Dazu gehören Händedesinfektion, Fellpflege und Pfotenreinigung nach Einsätzen.

Golden Retriever gibt Pfote in hellem Wohnzimmer

Einsatzfelder – Wer hat Anspruch auf einen Therapiehund?

Einsatzbereich

Beschreibung

Praxisbeispiel

Psychotherapie

Abbau von Angst, Aggression und Stress; Förderung sozialer und sprachlicher Fähigkeiten

Eine Patientin mit Sozialphobie übt Blickkontakt, indem sie dem Hund Kommandos gibt.

Ergotherapie und Heilpädagogik

Unterstützung bei motorischen, kognitiven und sprachlichen Lernprozessen

Kinder üben Feinmotorik, indem sie den Hund anziehen oder bürsten.

Physiotherapie

Motivation zur Bewegung und Verbesserung der Mobilität

Schlaganfallpatienten trainieren Koordination durch Ballspiele mit dem Hund.

Sprach- und Sprechtherapie

Förderung der Sprachentwicklung, insbesondere bei Kindern

Kinder mit Artikulationsstörungen sprechen gezielt Kommandos.

Klinischer Alltag

Verbesserung von Stimmung und sozialen Kontakten

Bei demenzkranken Bewohnern weckt der Hund Erinnerungen an frühere Haustiere.

Pädagogische Arbeit

Unterstützung in Schulen, Kindergärten und Sonderpädagogik

Schüler mit ADHS bleiben länger bei einer Aufgabe, wenn der Hund anwesend ist.

Rehabilitation nach Unfällen

Motivation für Bewegung und Training, Steigerung der Ausdauer

Nach einem Beinbruch wird das Gehen mit Hundeleine geübt.

Vorteile des Einsatzes von Therapiehunden

  • Reduzierung von Stress, Angst und Aggressivität
  • Verbesserung der Kommunikations- und Sprachfähigkeiten
  • Förderung von Motivation und Ausdauer bei Übungen
  • Unterstützung sozialer Integration
  • Positive physiologische Effekte wie Blutdrucksenkung

Voraussetzungen für Therapiehunde

  • Stabiles, ausgeglichenes Wesen mit hoher Reizschwelle
  • Umfassende Sozialisierung von klein auf
  • Starke Bindung zum Hundeführer
  • Erfüllung aller gesundheitlichen Anforderungen
  • Bestehen einer anerkannten Prüfung

Grenzen und Herausforderungen

  1. Belastung für den Hund: Pausen und Erholungsphasen sind unerlässlich, um Überforderung zu vermeiden.
  2. Hygienische Risiken: Trotz strenger Maßnahmen bleibt ein Restrisiko für Keimübertragung.
  3. Ethische Verantwortung: Der Hund ist ein Partner, kein Werkzeug. Freude an der Arbeit ist entscheidend.
  4. Individuelle Eignung von Patienten: Allergien, Angst oder kulturelle Vorbehalte können den Einsatz einschränken.
  5. Rechtliche Hürden: Oft sind Zertifizierungen, Genehmigungen und Versicherungen erforderlich.

Rechtliche Rahmenbedingungen

Die rechtlichen Grundlagen für den Einsatz von aktiven Therapiehunden sind in Europa nicht einheitlich geregelt.

In Deutschland gibt es bislang keine zentrale Gesetzgebung. Ausbildungszentren arbeiten nach anerkannten Standards, und Einrichtungen verlangen Nachweise über die Ausbildung, ein Gesundheitszeugnis, eine Haftpflichtversicherung sowie ein Hygienekonzept.

In Österreich ist eine staatliche Prüfung am Messerli Forschungsinstitut verpflichtend. Nur geprüfte Teams dürfen offiziell arbeiten.

In der Schweiz übernehmen zertifizierte Ausbildungsstätten die Prüfung und Zertifizierung, meist nach den Richtlinien der ISAAT.

Gemeinsam gelten überall Anforderungen wie Haftpflichtversicherung, Hygienekonzepte und regelmäßige Fortbildungen. Fachkreise diskutieren zunehmend europaweit einheitliche Standards, um Qualität und Tierschutz langfristig zu sichern.

Fazit

Therapiehunde sind wertvolle Partner im therapeutischen Setting. Sie verbessern das emotionale Befinden, fördern soziale Interaktionen und haben messbare körperliche Effekte. Mit gezielter Ausbildung, klaren Einsatzregeln und wissenschaftlicher Fundierung können sie in vielen Bereichen des Gesundheitswesens einen entscheidenden Beitrag leisten. Eine genetisch stabile Population bietet nicht nur gesündere Tiere, sondern reduziert auch langfristig Tierarztkosten für Halter:innen – besonders in Kombination mit einer passenden Hundekrankenversicherung .

Quellen:

https://www.rehahunde.de/hunde/therapiehunde.html

https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0001691824002956?via%3Dihub

https://unipub.uni-graz.at/obvugrhs/download/pdf/226658