Wie erkennen Sie eine Scheinschwangerschaft bei Hunden?

Viele Hundebesitzerinnen und -besitzer sind überrascht, wenn ihre Hündin plötzlich Anzeichen einer Trächtigkeit zeigt – obwohl es keinen Kontakt zu einem Rüden gab. In solchen Fällen handelt es sich meist um eine sogenannte Scheinschwangerschaft, auch Pseudogravidität genannt. Diese tritt vier bis neun Wochen nach der Läufigkeit auf und kann sowohl körperliche als auch verhaltensbezogene Veränderungen auslösen. Auch wenn der Zustand nicht krankhaft ist, sorgt er häufig für Verunsicherung – sowohl beim Tier als auch beim Menschen.

Das Wichtigste in Kürze: (TL;DR)

  • Eine Scheinschwangerschaft entsteht durch hormonelle Veränderungen nach der Läufigkeit.
  • Sie äußert sich durch körperliche Symptome wie geschwollenes Gesäuge und Nestbau sowie durch Verhaltensänderungen.
  • Meist verläuft sie harmlos, sollte aber bei Komplikationen tierärztlich behandelt werden.

Wie entsteht eine Scheinschwangerschaft?

Die hormonellen Abläufe im Körper der Hündin sind der Auslöser. Nach dem Eisprung bleibt der Progesteronspiegel zunächst konstant hoch. Fällt er wieder ab, steigt gleichzeitig der Prolaktinwert – ein Hormon, das Milchbildung sowie Fürsorgeverhalten aktiviert. In der Natur hatte das eine wichtige Funktion: Auch nicht trächtige Hündinnen konnten sich um den Nachwuchs im Rudel kümmern. Heute führt dieser Mechanismus in Einzeltierhaushalten häufig zu Irritationen.

Emotionale Belastung für die Hündin

Operation beim Tierarzt

Was viele nicht wissen: Eine Scheinschwangerschaft kann auch emotional sehr belastend sein. Hündinnen verhalten sich instinktiv so, als müssten sie Welpen versorgen – was zu innerer Unruhe, Frustration oder sogar depressiven Zuständen führen kann. Manche Tiere wirken in dieser Zeit besonders anhänglich, andere ziehen sich zurück oder reagieren sensibler auf Umweltreize.

Achten Sie daher besonders auf Anzeichen von Überforderung oder Stress, wie übermäßiges Hecheln, ständiges Umherlaufen oder gesteigerte Wachsamkeit. Bieten Sie Ihrer Hündin einen ruhigen, geschützten Rückzugsort an, an dem sie sich sicher fühlen kann, und schaffen Sie gleichzeitig positive, stressfreie Momente im Alltag, um ihre seelische Balance zu unterstützen.

Wie lange dauert eine Scheinschwangerschaft bei Hunden?

Meist dauert die Phase etwa zwei bis drei Wochen – in manchen Fällen etwas länger, insbesondere wenn die hormonelle Umstellung langsamer verläuft oder das Verhalten stark ausgeprägt ist. Die genaue Dauer hängt vom individuellen hormonellen Gleichgewicht und der allgemeinen Gesundheit der Hündin ab. Manche Tiere zeigen bereits nach wenigen Tagen eine Besserung, während andere erst nach mehreren Wochen vollständig zur Ruhe kommen.

Sobald sich der Prolaktinwert wieder normalisiert, klingen die Symptome von selbst ab. In dieser Zeit ist es wichtig, Geduld zu haben, aufmerksam zu bleiben und der Hündin Stabilität zu geben – ohne übermäßige Fürsorge, die das Verhalten ungewollt verstärken könnte.

Ist eine Scheinträchtigkeit gefährlich?

Grundsätzlich ist eine Scheinträchtigkeit ein natürlicher Prozess und nicht gefährlich. Risiken entstehen jedoch, wenn Komplikationen wie Gesäugeentzündungen, starke hormonelle Dysbalancen oder extremes Stressverhalten auftreten. Auch eine Gebärmutterentzündung (Pyometra) kann bei unkastrierten Hündinnen vorkommen – eine ernsthafte Erkrankung, die schnell tierärztlich behandelt werden muss. In solchen Fällen ist schnelles Handeln gefragt, um die Gesundheit Ihrer Hündin zu schützen und mögliche Folgeschäden zu vermeiden.

Wie häufig ist eine Scheinschwangerschaft?

Eine britische Studie mit über 200 Tierärztinnen und Tierärzten ergab, dass nahezu jede unkastrierte Hündin im Laufe ihres Lebens mindestens einmal scheinträchtig wird. Die Ausprägung kann dabei sehr unterschiedlich sein. Manche Tiere zeigen kaum Symptome, andere durchlaufen die Phase mit deutlich sichtbarem körperlichem Unwohlsein und stark verändertem Verhalten.

Welche Symptome sind typisch?

Eine Scheinschwangerschaft äußert sich auf vielfältige Weise, wobei die Symptome oft in Kombination auftreten:

  • Das Gesäuge ist geschwollen, eventuell tritt Milch aus
  • Die Hündin beginnt mit dem Nestbau, sammelt Decken oder Spielzeug
  • Appetitlosigkeit oder Heißhunger können auftreten
  • Stimmungsschwankungen: von anhänglich bis gereizt
  • Rückzug oder auffällige Unruhe
  • Vermehrtes Winseln oder Bellen
  • Intensives Putzen oder Belecken der Zitzen
  • „Adoptieren“ von Gegenständen wie Kuscheltieren

Zitzen geschwollen – was das bei Scheinträchtigkeit bedeutet

Geschwollene Zitzen gehören zu den häufigsten körperlichen Anzeichen einer Scheinträchtigkeit und entstehen durch den erhöhten Prolaktinspiegel, der die Aktivität der Milchdrüsen anregt. Dabei kann es zu einer leichten Schwellung und Wärmeentwicklung im Bereich des Gesäuges kommen. In manchen Fällen tritt sogar etwas Milch aus, was das Gesäuge zusätzlich reizt. Leichte Schwellungen sind meist unbedenklich und klingen mit dem Ende der hormonellen Phase wieder ab.

Dennoch sollten Sie die Zitzen täglich kontrollieren, um Veränderungen wie Rötungen, deutliche Überwärmung, Verhärtungen oder Schmerzreaktionen frühzeitig zu erkennen. Diese können auf eine Mastitis, also eine Entzündung der Milchdrüsen, hindeuten, die unbehandelt schmerzhaft verläuft und Komplikationen verursachen kann. Unterstützend können Sie sanft kühlende Umschläge anwenden, Berührungen vermeiden und darauf achten, dass die Hündin nicht an den Zitzen leckt, da dies die Milchproduktion anregen kann. Bei jeder Unsicherheit oder auffälligen Veränderung gilt: besser frühzeitig tierärztlichen Rat einholen.

Eine Hundekrankenversicherung kann helfen, die Kosten für Untersuchungen und Behandlungen zu decken, und sorgt dafür, dass Ihre Hündin jederzeit optimal versorgt wird.

Nestbau bei Scheinträchtigkeit – was dahintersteckt

Der Nestbau ist ein uraltes, tief verwurzeltes Instinktverhalten, das auf die Zeit zurückgeht, als Hunde noch in freier Wildbahn lebten und sichere Orte für ihre Welpen schaffen mussten. Hündinnen sammeln in dieser Phase Decken, Kissen oder Spielzeug, scharren und formen Liegeplätze und richten sich einen vermeintlich geschützten Bereich ein, an dem sie imaginäre Welpen versorgen würden. Dieses Verhalten kann sehr ausgeprägt sein – manche Tiere bewachen ihr „Nest“ sogar und reagieren gereizt, wenn man sich ihm nähert.

Auch wenn es auf den ersten Blick harmlos erscheint, kann ein übermäßiger Nestbautrieb Stress fördern und die Dauer der Scheinschwangerschaft verlängern. Das vorsichtige Entfernen der „Nestmaterialien“ und die gezielte Ablenkung durch Spaziergänge oder Suchspiele können helfen, das Verhalten schneller abklingen zu lassen. Gleichzeitig sollten Sie Ihrer Hündin alternative, positive Beschäftigungsmöglichkeiten bieten, damit sie nicht in Frust oder Langeweile verfällt.

Wie sollten Sie mit einer scheinschwangeren Hündin umgehen?

Hund zwischen Plüschtieren

„Viele Hundehalter unterschätzen, wie belastend eine Scheinschwangerschaft für die betroffene Hündin sein kann. Es ist wichtig, Verhalten nicht zu vermenschlichen, sondern biologisch einzuordnen – und die Hündin mit Struktur und Ruhe zu begleiten“, sagt Dr. Ellen Keller, Tierärztin und Autorin einer Dissertation über Pseudogravidität bei Hündinnen.

●      Fördern Sie Bewegung: Spaziergänge und Spiele lenken ab und reduzieren Stress.

●      Vermeiden Sie Reize, die das Verhalten verstärken: Entfernen Sie Kuscheltiere, die als „Welpenersatz“ dienen.

●      Zitzen nicht berühren und evt. kühlen: Reize an der Milchleiste fördern die Milchproduktion.

●      Tagesstruktur beibehalten: Ein geregelter Tagesablauf sorgt für Stabilität.

●      Bei Bedarf Absprache mit der Tierärztin oder dem Tierarzt, vor allem bei starker Milchbildung oder auffälligem Verhalten.

Tipp von Santévet: Achten Sie in dieser Phase besonders auf die Körpersprache Ihrer Hündin. Kleine Veränderungen können wichtige Hinweise liefern – etwa, ob sie sich bedrängt fühlt, überdreht wirkt oder Trost sucht. Ihre Ruhe und Klarheit geben dem Tier Orientierung.

Scheinträchtigkeit: Hausmittel zur sanften Unterstützung

Hausmittel können in vielen Fällen eine wertvolle Hilfe sein, um die Beschwerden einer Scheinträchtigkeit zu lindern und das Wohlbefinden Ihrer Hündin zu steigern. Dazu gehören etwa kühle Auflagen auf das Gesäuge, um Schwellungen zu mindern, moderate, aber regelmäßige Bewegung an der frischen Luft sowie gezielte Ablenkung durch Spiele, Suchaufgaben oder kleine Trainingseinheiten. Auch ein klar strukturierter Tagesablauf gibt Sicherheit und hilft, hormonell bedingte Unruhe zu reduzieren.

Manche Halter:innen setzen zudem auf beruhigende Kräutertees (z. B. Kamille oder Melisse) im Trinkwasser oder als Umschlag. Wichtig ist: Hausmittel ersetzen keine tierärztliche Diagnose oder Behandlung, sondern sollten immer nur ergänzend eingesetzt werden – zögern Sie nicht, um tierärztlichen Rat zu bitten.

Scheinträchtigkeit und Appetitlosigkeit – Was tun, wenn die Hündin nicht fressen will

Viele Hündinnen zeigen während der Scheinschwangerschaft eine deutliche Veränderung ihres Fressverhaltens und nehmen weniger oder gar keine Nahrung auf. Dies liegt häufig an hormonellen Veränderungen, die den Appetit dämpfen, aber auch an einer veränderten Tagesstruktur oder an Unwohlsein durch geschwollenes Gesäuge. Bieten Sie in dieser Phase kleinere, aber dafür häufigere Mahlzeiten an und wählen Sie besonders schmackhafte, leicht verdauliche Futtersorten, eventuell mit etwas lauwarmer Flüssigkeit oder einem Lieblingszusatz wie gekochtem Huhn, um den Geruch und Geschmack zu intensivieren.

Achten Sie darauf, dass Ihre Hündin trotzdem ausreichend Flüssigkeit zu sich nimmt – gegebenenfalls können Sie auch etwas Brühe ins Trinkwasser geben. Ergänzend kann ein ruhiger, stressfreier Futterplatz helfen. Hält die Appetitlosigkeit länger als zwei bis drei Tage an, tritt Gewichtsverlust auf oder zeigt die Hündin weitere Krankheitssymptome, ist ein Tierarztbesuch dringend angeraten, um andere Ursachen auszuschließen und gezielte Unterstützung einzuleiten.

Medikamentöse Behandlung – Was kann der Tierarzt tun?

In schweren Fällen – etwa bei starker Milchproduktion oder aggressivem Verhalten – kann der Einsatz von Medikamenten hilfreich sein. Prolaktin-Hemmer wie Cabergolin oder Metergolin werden in der Tiermedizin gezielt eingesetzt, um die Symptome zu beenden. Sie sollten jedoch nur unter tierärztlicher Kontrolle angewendet werden, da sie Nebenwirkungen wie Appetitlosigkeit oder Magenbeschwerden verursachen können.

Alternative Ansätze zu Prolaktinhemmern

Ergänzend zur tierärztlichen Betreuung berichten manche Halterinnen und Halter von positiven Erfahrungen mit pflanzlichen Mitteln wie Mönchspfeffer oder beruhigenden Kräuterpräparaten. Auch Akupressur, Aromatherapie oder Bachblüten werden genutzt, um die hormonelle Balance zu unterstützen. Wichtig: Sprechen Sie solche Maßnahmen immer mit Fachpersonal ab – auch natürliche Mittel können Nebenwirkungen haben.

Echte Schwangerschaft oder scheinträchtig?

Gerade bei erstmaligen Beschwerden stellt sich häufig die Frage: Ist meine Hündin wirklich nicht trächtig? Um sicherzugehen, empfiehlt sich ein Tierarztbesuch. Mittels Ultraschall oder Bluttest kann schnell Klarheit geschaffen werden. Verlassen Sie sich nicht allein auf das Verhalten Ihrer Hündin – viele Symptome der Scheinträchtigkeit sind identisch mit denen einer echten Trächtigkeit.

Wann ist eine Kastration sinnvoll?

Wenn Ihre Hündin regelmäßig unter stark ausgeprägten Scheinschwangerschaften leidet, kann eine Kastration in Erwägung gezogen werden. Dabei werden die hormonproduzierenden Eierstöcke entfernt, sodass der hormonelle Zyklus gestoppt wird. Die Kastration sollte jedoch nicht während einer akuten Phase erfolgen, sondern frühestens acht Wochen nach Abklingen der Symptome. Lassen Sie sich hierzu ausführlich beraten.

Symptome und Maßnahmen: Scheinträchtigkeit erkennen

Symptom

Mögliche Maßnahme

Milchbildung

Zitzen nicht stimulieren, ggf. kühlen

Nestbauverhalten

Spielzeuge entfernen, Ablenkung schaffen

Appetitveränderung

Regelmäßige Fütterung, keine Überfütterung

Anhänglichkeit oder Rückzug

Sanfte Zuwendung, aber klare Struktur

Unruhe, Aggressivität

Ruhe bewahren, tierärztliche Rücksprache

Mutterverhalten mit Objekten

Ersatzspielzeug entfernen, neue Reize anbieten

Nervosität, Hecheln

Stress reduzieren, ruhige Umgebung schaffen

Mini-FAQ zur Scheinschwangerschaft bei Hunden

Kann eine Hündin jedes Mal nach der Läufigkeit scheinträchtig werden? Ja, das ist möglich. Vor allem hormonell empfindliche Tiere zeigen häufig nach jeder Läufigkeit Symptome.

Wie erkenne ich, ob meine Hündin nur scheinträchtig oder wirklich trächtig ist? Die sichere Diagnose erfolgt durch den Tierarzt – per Ultraschall oder Hormonuntersuchung.

Kann eine Scheinschwangerschaft gesundheitliche Folgen haben? Das kommt eher selten vor, ist aber möglich. In Einzelfällen kann es zu Entzündungen der Milchdrüsen oder psychischer Belastung kommen.

Fazit

Eine Scheinschwangerschaft bei Ihrer Hündin ist kein Grund zur Sorge – aber ein Grund für genaues Hinschauen. Je besser Sie über die biologischen Hintergründe und typischen Verhaltensmuster Bescheid wissen, desto gelassener und unterstützender können Sie mit der Situation umgehen. Und das ist letztlich das Beste, was Sie für Ihre Hündin machen können.

Quellen:

https://www.fressnapf.de/magazin/hund/gesundheit/scheinschwangerschaft-bei-hunden

https://www.researchgate.net/publication/325355432_Canine_pseudopregnancy_An_evaluation_of_prevalence_and_current_treatment_protocols_in_the_UK

https://edoc.ub.uni-muenchen.de/1165/1/Keller_Ellen_K.pdf