„Hinsichtlich der Zahl versicherter Tiere ist in Deutschland noch Luft nach oben.“

Dr. Lorenz Schmid, Fachtierarzt für Zahnheilkunde von Kleintieren und Gründungsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Tierzahnheilkunde, stand der Tierkrankenversicherung SantéVet im Herbst für ein Exklusivinterview zum Thema Zahnmedizin für Hunde & Katzen zur Verfügung. Erfahren Sie, welche Präventivmaßnahmen jede(r) Tierhalter*in unbedingt kennen und befolgen sollte, wie teuer eine Zahnsteinentfernung werden kann und weshalb der Fachtierarzt Kunden zu einer Tierkrankenversicherung rät.

Spezialgebiet Gebiss
Dr. Lorenz Schmid im OP - Tierklinik Oberhaching

Das Team der Tierklinik Oberhaching besteht derzeit aus mehr als 60 ausgebildeten Tierärztinnen und Tierärzten (darunter knapp 20 Fachärzte), was würden Sie sagen, zeichnet Ihre Tierklinik - eine der größten privat geführten in Deutschland - aus?

„Was unsere Klinik auszeichnet, ist der Teamspirit. Es ist uns sehr wichtig, dass der Respekt untereinander gegeben ist. Es gibt beispielsweise keinen Unterschied im Umgang zwischen einer Reinigungskraft und einem Oberarzt. Wir möchten fair miteinander umgehen. Dafür setzen sich bei uns Tutoren auf allen Ebenen ein.“

„Außerdem ist es uns ein großes Anliegen, uns im medizinischen Bereich permanent miteinander auszutauschen. Während ich mich in einer Operation befinde, kann ich beispielsweise schnell einen Dermatologen dazu bitten, damit er sein Urteil zur Situation geben kann. Der fachliche Austausch im laufenden Betrieb ist neben dem Teamspirit essenziell. Das kommt dem Patienten zugute.“

 

Tierklinik Oberhachiing im Jahr 2019

Dr. Lorenz Schmid, Sie sind Gründungsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Tierzahnheilkunde und Facharzt für Zahnheilkunde von Kleintieren. Was hat Sie nach der Gründung der Tierärztlichen Klinik Oberhaching 1994 dazu bewegt in den folgenden Jahren Ihre Ausbildung mit Spezialisierung auf Zahnheilkunde an der ESAVS in Luxemburg fortzusetzen? Was reizt Sie besonders?

„Ich bin sehr früh zur Zahnheilkunde gekommen, weil in Deutschland ein charismatischer Tierarzt, Dr. Fahrenkrug, tätig war. Er gab spannende Fortbildungen, die mich von Anfang an, seit 1990 fesselten. Und ich legte mir damals gleich eine Zahnröntgenanlage zu.“

„Da ich einige Zeit im Ausland war, lernte ich einige Superlative kennen und es war immer mein Ziel, möglichst auf dem höchsten Niveau zu arbeiten. Vor ein paar Jahren war ich dann nochmal an der Universität Davis in Kalifornien, wo die bekanntesten Zahnspezialisten auf sehr hohem Niveau arbeiten. Wir versuchen, diesem Anspruch gerecht zu werden.“

 

Wie ist Deutschland in Bezug auf Ihre Spezialisierung zu anderen europäischen Ländern positioniert?

„Das Niveau der Tierheilkunde verhält sich häufig direkt proportional zu der Anzahl der versicherten Tiere. In Großbritannien wird auf sehr hohem Niveau gearbeitet, wie auch in Skandinavien. Bei uns ist es so, dass wir in der Breite ein bisschen hinterher sind. Hinsichtlich der Zahl versicherter Tiere ist in Deutschland noch Luft nach oben.“

 

Was können Sie Tierbesitzer*innen von Hund & Katze zum Thema Zahnbehandlungen raten? Wie können Tierhalter*innen Ihre Vierbeiner vor teuren Eingriffen bewahren und welche Präventionsmaßnahmen sollte jede(r) Besitzer*in kennen und befolgen?

„Wichtig ist, und das ist leider keine Selbstverständlichkeit, dass man den Welpen schon bei der Erstvorstellung genau untersucht, um zum Beispiel eine Kieferfehlstellung festzustellen. Wir raten dazu, noch einmal während des Zahnwechsels zu uns zu kommen, um diesen auch zu begleiten. Auch dabei können hin und wieder Probleme auftreten, die rassebedingt sehr unterschiedlich sind. Ein Tierbesitzer erwartet, wenn ein Hund oder eine Katze Zahnprobleme hat, dass sie nichts mehr fressen, das ist aber leider nicht der Fall. Die Tiere leiden oft still vor sich hin mit ihrem vereiterten oder abgebrochenen Zahn. Daher sehen wir die jährliche Untersuchung als sehr, sehr wichtig an.“

„Es gibt auch Präventionsmaßnahmen, die mittlerweile gut angenommen werden: Das Zähneputzen bei Hunden beispielsweise funktioniert gut, wenn man früh genug damit anfängt. Dazu informiert auch ein Präsentationsvideo auf unserer Website. Die Besitzer können sich ansehen, wie man Zähneputzen langsam einführt. Bis zu einem gewissen Grad hat auch das Futter und Kauartikel großen Einfluss auf die Zahngesundheit. Hier empfehlen wir, auf eine spezielle Zertifizierung zu achten. Veterinary Oral Health Council (VOHC) ist ein Zertifikat, das vergeben wird, nach dem Zahnspezialisten in den USA Futter- oder Kauartikel getestet haben. Das Zertifikat gibt dem Besitzer eine gewisse Sicherheit, gutes Futter zu kaufen.“

 

Letzte Absprachen bevor der Patient kommt

Welche Zahnbehandlungen/-krankheiten behandeln Sie am häufigsten?

„An oberster Stelle stehen die Zahnsteinbehandlung und Parodontitis. Es gibt praktisch keinen Hund oder keine Katze, die nicht ab dem 2. bis 3. Lebensjahr behandlungswürdig wären. Außerdem müssen viele Zahnfrakturen behandelt werden. Uns als Kieferorthopäden ist es wichtig, nur medizinisch indizierte und keine Schönheits-OPs zu machen. Letztere lehnen wir aus ethischen Gründen ab. Darüber hinaus führen wir viele Tumoroperationen, teils mit Kieferresektionen, durch.“

 

Betreffen Zahnbehandlungen eher Hunde oder Katzen und in welchem Rahmen bewegen sich die Gesamtkosten im Schnitt für den Tierhalter?

Tatsächlich sind beide davon betroffen. Allerdings mit unterschiedlichen Krankheitsmustern, aber mit vergleichbarer Häufigkeit.“

„Im Hinblick auf die Kosten ist das Narkosemanagement ein fester Posten. Eine Operation erfordert immer ein umfangreiches Narkosemanagement, wofür wir eine eigene Anästhesieabteilung haben. Die Kostenhöhe wird aber auch durch die Operationszeit beeinflusst.“

„Wenn man bei einer aufwändigen Zahnsteinentfernung von einer Operationszeit von 1 Stunde ausgeht, liegt man mit Narkose bei ca. 500 – 800 €. Zusätzlich raten wir bei jeder Erstvorstellung zu einem Full-Mouth-Röntgen, was die Kosten zusätzlich steigert.“

 

Sie bieten dem Kunden Konsultationen per Video-Sprechstunde an. Kommt es in Zeiten von Corona zu einer verstärkten Anfrage von Online-Sprechstunden? Was sind für Sie die Hauptvorteile dieser modernen Beratung und wo liegen ihre Grenzen?

„Wir bieten das schon seit geraumer Zeit an. Es wird aber nicht so angenommen, wie wir ursprünglich dachten. Die Online-Sprechstunde hat den Vorteil, dass sie für den Besitzer bequemer ist, wobei Probleme online nur begrenzt erklärt und gelöst werden können. Meiner Erfahrung nach ziehen die Besitzer die persönliche Sprechstunde mit dem Arzt vor Ort vor. Kurz gesagt, die Präsenz ist doch von höherer Bedeutung. Allerdings lasse ich mir im Vorfeld und im Nachgang an die Behandlung von den Besitzern gern auch Bilder vom Tier schicken, um einzuschätzen, welche Probleme bei einer OP auf uns zukommen und wie sich der Patient nach der OP entwickelt.“

 

Sie arbeiten mit hochmodernen Geräten und modernster Technologie, um Ihren vierbeinigen Patienten die beste medizinische Versorgung zu bieten. Worin sehen Sie die wesentlichen Vorteile?

„Ja, es zeigt sich eine deutliche Entwicklung. Vor 15 Jahren erwartete man, dass eine Klinik ein CT besitzt, später hielt das MRT Einzug. Mittlerweile ist es Standard, dass die Bestizer bei Ihrem Hund ein MRT machen lassen möchten oder auch Cone Beam in der Zahnheilkunde. All das bieten wir an, weil wir den Anspruch unserer Kunden im Hinblick auf diese diagnostischen Mittel bedienen möchten.

„In unserer Tierklinik braucht der Neurologe in der Regel ein MRT, wenn er eine Fragestellung bezüglich der Wirbelsäule hat. Die Entwicklung in der Tiermedizin ist der der Humanmedizin sehr ähnlich.

Aus welchen Gründen würden Sie Ihren Patienten bzw. Kunden eine Tierkrankenversicherung empfehlen?

Wir empfehlen Tierkrankenversicherungen generell, allerdings keine spezielle. Wir raten dem Besitzer dazu, sich auf dem Markt umzusehen, damit er selbst entscheiden kann, welche Kritereien für ihn wichtig sind. Für uns Tierärzte ist es erheblich entspannender, einen kritischen Patienten zu behandeln, der versichert ist, weil man nicht in diese Bredouille kommt, zu hinterfragen, ob der Besitzer sich leisten kann, was tatsächlich notwendig wäre. Die Kosten sind aufgrund der speziellen Diagnostik und gezielter Therapie, die heute möglich sind, teilweise sehr hoch.

„Für stationäre Patienten, die mit 24-Stunden-Überwachung, Sauerstoffbox und Geräteüberwachung sehr intensiv versorgt werden müssen, fallen schnell Kosten in Höhe von 500 € oder mehr pro Tag an. Wenn ein Patient dann eine Woche stationär bleiben muss, kann das teuer werden. Deshalb ist es wichtig, sich nach eigenen individuellen Möglichkeiten entsprechend abzusichern.“

Hat sich die Einstellung der Besitzer hinsichtlich des Abschlusses einer Tierkrankenversicherung geändert?

Ja, das Bewusstsein über die Wichtigkeit der Tierkrankenversicherung ändert sich tatsächlich. Tiere sind häufig bereits versichert, wenn sie zu uns kommen und der Anteil an versicherten Kunden wächst.

„Wir Tierärzte neigen dazu, uns auf unsere fachlichen Kompetenzen zu konzentrieren und eigentlich sprechen wir nicht so gerne über Geld. Gerade jungen Tierärzten und Tierärztinnen fällt es nicht leicht, Kosten zu kommunizieren. Manchmal müssen sie auch schwierige Entscheidungen treffen, die medizinisch besser gelöst werden könnten, wenn eine Tierkrankenversicherung abgeschlossen worden wäre. Deshalb empfehlen wir uneingeschränkt, zur Versicherung der Tiere.“

 

SantéVet ist seit Oktober 2020 auf dem deutschen Markt und bietet in allen Tarifen einen Rundum-Sorglos-Schutz an. In diesem werden Tierarztkosten infolge von Unfall, Krankheit und OP erstattet. Zusätzlich gibt es eine Vorsorgepauschale. Welche Vorteile sehen Sie in dem Versicherungsangebot der All-in-One Tarife von SantéVet gegenüber der Konkurrenz?

„Aus meiner Sicht ist ein Komplettschutz ein sehr faires Angebot, weil es für einen Besitzer, der sich nicht mit den Einzelheiten von Tierkrankenversicherungen auseinandersetzt, leichter verständlich ist. Aufgrund von Intransparenz und Unverständnis kommt es immer wieder vor, dass Besitzer erst bei Auftreten einer Erkrankung merken, dass das Tier dafür nicht versichert ist. Deshalb je transparenter das Angebot ist, desto besser für den Kunden.“

Was würden Sie Kunden sagen, die sich für eine OP-Versicherung entscheiden?

„Operationen sind für den Besitzer der offensichtlichste Fall, für den es gut ist eine Versicherung zu haben. Jedoch können auch stationäre Aufenthalte erhebliche Kosten verursachen. Eine OP-Versicherung reicht dann aber nicht aus, da sie diese Kosten nicht abdeckt. Woran man arbeiten muss, woran wir arbeiten, ist es, den Besitzern aufzuzeigen, wie teuer Tiermedizin auf hohem Niveau geworden ist. Eine entsprechende Tierkrankenversicherung lohnt sich in jedem Fall.“

 

Herausgegeben von

Viktoria Neuber