Was versteht man unter Listen- oder Kampfhunden?
Listenhunde sind Rassen, die aufgrund ihrer angeblichen rassespezifischen Merkmale in rechtlichen Regelungen als gefährlich eingestuft werden. Beispiele für sogenannte Kampfhunde sind der American Staffordshire Terrier, der Dogo Argentino, der Fila Brasileiro, der Mastino Napoletano, der Perro de Presa Mallorquin und der Tosa Inu. Auch Mischlinge können betroffen sein. Die Einstufung basiert häufig auf Statistiken über Beißvorfälle und wissenschaftlichen Arbeiten zu rassespezifischem Verhalten.
Oft wird auch diskutiert, ob nicht vielmehr die Haltung des Tieres und die Kompetenz des Halters – beispielsweise durch einen Sachkundenachweis – für die Gefährlichkeit eines Hundes ausschlaggebend sind.
Historischer Hintergrund von Listen für bestimmte Hunde
Die Idee, bestimmte Hunderassen als gefährlich einzustufen, geht auf Beißvorfälle in den 1980er- und 1990er-Jahren zurück, die große mediale Aufmerksamkeit erhielten. Besonders schwere Angriffe führten dazu, dass die Politik Handlungsbedarf sah, um die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten. In Deutschland begannen Bundesländer, Rasselisten zu erstellen, um die Haltung bestimmter Hunde einzuschränken oder zu verbieten.
Dabei wurden Rassen aufgrund ihrer physischen Merkmale und ursprünglichen rassespezifischen Eigenschaften als potenziell gefährlich eingestuft. Diese Maßnahmen stützten sich häufig auf Statistiken über Beißvorfälle. Kritiker bemängeln, dass solche Zahlen oft unzureichend oder missverständlich seien. Der Deutsche Tierschutzbund und andere Organisationen setzen sich seither dafür ein, diese Listen zu hinterfragen und den Fokus auf die individuelle Beurteilung von Hunden zu legen.
Gibt es überall verbotene Hunderassen?
Der Umgang mit sogenannten Listenhunden unterscheidet sich international erheblich. Während Deutschland und einige andere europäische Länder Rasselisten führen, gibt es auch Ansätze, die sich stärker auf individuelle Bewertungen konzentrieren.
Großbritannien – Verbot von Pitbull Terrier und Dogo Argentino
Hier gibt es den Dangerous Dogs Act von 1991, der bestimmte Rassen wie den Pitbull Terrier und den Dogo Argentino verbietet. Gleichzeitig können Hunde, die nicht als gefährlich eingestuft wurden, unter strengen Auflagen gehalten werden.
Schweiz – Jedes Kanton regelt selbst
Die Regelungen sind kantonal unterschiedlich. Während einige Kantone strikte Verbote für bestimmte Rassen haben, setzen andere auf Wesenstests und Halterverantwortung.
Niederlande – Abschaffung von Rasselisten
Die Niederlande hatten lange Zeit eine Rasseliste, die jedoch 2008 abgeschafft wurde, da in Statistiken keine signifikanten Erfolge bei der Reduzierung von Beißvorfällen nachgewiesen werden konnten.
USA – Mischung aus Listen und Halterpflichten
Die Regelungen sind je nach Bundesstaat oder sogar Gemeinde unterschiedlich. Einige Städte haben „Breed-Specific Legislation“ (BSL) eingeführt, während andere auf Aufklärung und Halterpflichten setzen.
Australien – Einfuhr bestimmter Rassen nicht erlaubt
Australien verbietet die Einfuhr bestimmter Rassen, darunter der Dogo Argentino und der Tosa Inu. Die Haltung dieser Rassen ist mit strengen Auflagen verbunden.
Diese unterschiedlichen Ansätze zeigen, dass es keinen internationalen Konsens darüber gibt, wie mit potenziell gefährlichen Hunden umzugehen ist. Viele Experten plädieren jedoch für eine individuelle Einschätzung und die Förderung verantwortungsvoller Besitzer, anstatt allein auf die Rassezugehörigkeit zu setzen.
Cane Corso und Kangal – Welche Hunde darf man in Deutschland nicht halten?
Die Haltung bestimmter Rassen und deren Mischlinge ist in Deutschland von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich geregelt. In einigen Regionen ist die Haltung dieser Hunde verboten oder stark eingeschränkt. Hier ein Überblick über einige Länder:
●Bayern: Bayern hat eine besonders strenge Liste, auf der unter anderem der American Staffordshire Terrier und der Pitbull Terrier stehen. Diese Hunde dürfen nur von Personen mit besonderer Genehmigung gehalten werden.
●Baden-Württemberg: Hier gibt es zwei Kategorien von Listenhunden. Hunde aus Kategorie 1 (wie der Pitbull Terrier) gelten als generell gefährlich, während bei Kategorie-2-Hunden ein Wesenstest die Gefährlichkeit widerlegen kann.
●Brandenburg: Brandenburg verlangt für viele Hunderassen umfangreiche Auflagen wie eine erhöhte Hundesteuer oder eine Haltungsbewilligung.
●Niedersachsen: Seit 2011 gibt es keine Rasselisten mehr; hier wird die Gefährlichkeit eines Hundes individuell anhand eines Wesenstests beurteilt.
●Schleswig-Holstein: Wie in Niedersachsen gibt es auch hier keine Rasselisten mehr.
●Thüringen: Für bestimmte Rassen gelten weiterhin Einschränkungen und die Verpflichtung zu einem Wesenstest.
●Mecklenburg-Vorpommern: Auch dieses Bundesland hat die Listen abgeschafft.
●Nordrhein-Westfalen: Hundehalter bestimmter Rassen müssen strenge Auflagen erfüllen, darunter den Nachweis über ein berechtigtes Interesse.
Santévet-Tipps für Halter von gefährlichen Hunden
Die Haltung eines Listenhundes kann mit erheblichen Kosten und Auflagen verbunden sein. Je nach Bundesland und Gemeinde unterscheiden sich die Anforderungen deutlich. Einige Bundesländer verlangen sogar ein polizeiliches Führungszeugnis. Weitere Auflagen sind:
●Hundesteuer: Listenhunde unterliegen in vielen Gemeinden einer erhöhten Hundesteuer. Diese kann mehrere hundert Euro pro Jahr betragen, insbesondere in Gemeinden, die Listenhunde als besonders gefährlich einstufen.
●Sachkundenachweis: Hundehalter:innen müssen oft einen Sachkundenachweis erbringen, um ihre Kompetenz im Umgang mit Listenhunden zu belegen. Die Kosten für die Schulung und Prüfung variieren, liegen aber häufig zwischen 100 und 300 Euro.
●Wesenstest: Viele Bundesländer fordern einen Wesenstest, um die Gefährlichkeit eines Hundes zu bewerten. Die Kosten für den Test liegen meist zwischen 150 und 500 Euro.
●Versicherungspflicht: Für Listenhunde besteht in der Regel eine Pflicht zur Haftpflichtversicherung. Die Prämien sind je nach Rasse und Anbieter unterschiedlich, betragen jedoch oft mehrere hundert Euro jährlich.
●Sicherheitsmaßnahmen: In einigen Gemeinden werden Halter:innen verpflichtet, Sicherheitsmaßnahmen wie Maulkorb- und Leinenzwang umzusetzen oder das Grundstück entsprechend abzusichern. Dies kann zusätzliche Kosten für Zaunbau oder andere Maßnahmen verursachen.
●Genehmigungen: In Bundesländern wie Bayern oder Brandenburg müssen Halter:innen von Listenhunden oft eine spezielle Haltegenehmigung beantragen, die mit zusätzlichen Gebühren verbunden ist.
Kritiker argumentieren, dass die hohen Kosten und strengen Auflagen Listenhundebesitzer diskriminieren, während Befürworter betonen, dass sie der öffentlichen Sicherheit dienen.
Was zählt bei Rottweiler und Dobermann: Rasse oder Erziehung?
Die Debatte, ob die Rasse oder die Erziehung eines Hundes entscheidend ist, wird intensiv geführt. Während die Rasselisten in Deutschland auf rassebedingte Merkmale abstellen, argumentieren Tierschutzorganisationen wie der Deutsche Tierschutzbund, dass die Haltung des Tieres und die Kompetenz des Hundehalters eine viel größere Rolle spielen.
Ein Beispiel hierfür sind Mischlinge, die einen Elternteil aus einer gelisteten Rasse haben. Dürfen diese Hunde gehalten werden? In vielen Bundesländern hängt dies von der Einschätzung der Gemeinden und den Ergebnissen eines Wesenstests ab.
Die Diskussion um Listenhunde ist komplex und polarisiert. Während viele Bundesländer auf Rasselisten setzen, gibt es zunehmend Stimmen, die die individuelle Beurteilung eines sogenannten Kampfhundes – beispielsweise durch einen Wesenstest – bevorzugen. Erfahren Sie, was Sie über Listenhunde wissen sollten: gesetzliche Bestimmungen, Rasselisten, Pflichten für Halter und Debatte Rasse vs. Erziehung.